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Lehrstuhl für Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungssystems, Prof. Dr. Lucien Criblez

Das Abwartsehepaar zwischen Pädagogik und Wissenschaft an den Zürcher Lehrer/innenseminaren, 1900-1950

Dissertationsprojekt / Adrian Juen / adrian.juen@phzh.ch

Ausgehend vom Standpunkt, dass sich Pädagogik an den Zürcher Lehrer/innenseminaren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht auf den Unterricht beschränkt, sondern permanent in Form einer ortsspezifischen Seminarkultur auf und durch alle Akteur/innen (Schüler/innen, Lehrer/innen, Direktion, Abwartsehepaar) wirkt, verfolgt das Dissertationsvorhaben die Frage, inwiefern sich in den (Alltags-)Praktiken des Abwartsehepaars diese Seminarkultur konstituiert.

Eine Teilfragestellung richtet sich danach, wie das Abwartsehepaar an den Seminaren (pädagogisch) wirkt. Eine weitere Teilfragestellung berücksichtigt die Wissenschaft: Wie manifestieren sich Schulhygiene, Rationalisierung und Verwissenschaftlichung (der Pädagogik) im Wirken des Abwartsehepaars? Dazu sollen Praktiken des Abwartsehepaars als Indikatoren für implizites Wissen an den Seminaren rekonstruiert werden. Das Abwartsehepaar bietet sich für eine solche Untersuchung dadurch an, dass seine Arbeit mit Materialität und Körperlichkeit verbunden sowie speziell mit dem Schulhaus assoziiert ist. Praktiken tauchen in Form von Techniken, aber auch in Form von Interaktionen auf. Gerade Interaktionen erlauben Rückschlüsse auf die Seminarkultur. Im Sozialen treten Widersprüche und Vielschichtigkeit des Seminarbetriebs auf. Es geht um Wahrnehmungen, um Ansprüche wie Vorstellungen, Beziehungen, Einfluss, Rollen und Identität. Ein erziehender und ein forschender Abwart sind ebenso denkbar wie ein fürsorglicher und ein repressiver Abwart.

Bei den berücksichtigten Seminaren handelt es sich um das kantonale Seminar Küsnacht, um das freie Seminar Unterstrass und um die Höhere Töchterschule der Stadt Zürich. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von 1900 bis 1950, eine Zeit der Krisen, Reformen und sozialer Umwälzungen. Mit der kulturgeschichtlichen Betrachtung des Abwartsehepaars wird eine Forschungslücke bearbeitet, die sich von der Dominanz der Schüler/innen und Lehrer/innen sowie der Institutionen und Politik in der Schulgeschichte abhebt. Methodisch wird historisch anthropologisch, mit engem Bezug zur Alltagsgeschichte vorgegangen. Da Alltag oftmals normativ organisiert ist, sollen normative Quellen und Administrationsquellen gleichsam bearbeitet werden