Teufelszunge (Amorphophallus konjac) – Eine Stinkpflanze, die man essen kann

Teufelszunge (Amorphophallus konjac) – Eine Stinkpflanze, die man essen kann

Was hat die Teufelszunge mit Aasgestank, japanischen Speisen, Fettleibigkeit und Erstickungsfällen zu tun?

Beitrag von Jessica Baumann

Teufelszunge (Amorphophallus konjac) (Abbildung 1) (Foto um 90° gedreht)

Wenn die Teufelszunge blüht, stinkt es im Bergland Tropenhaus des Botanischen Gartens. Aber der aussergewöhnliche Duftstoff ist nicht alles, was diese Pflanze zu bieten hat. Dafür sollte man seinen Blick von ihrem Blütenstand etwas weiter nach unten auf ihre Knolle wandern lassen. Denn da verbirgt sich das Nutzungspotential für den Menschen.

Die Teufelszunge (Amorphophallus konjac) gehört zu den Aronstabgewächsen. Diese produziern eine hohe Vielfalt an Duftstoffen, welche köstlich oder ekelerregend riechen können. Die Amorphophallus Arten fallen definitiv unter die zweite Kategorie. Ihre Duftstoffe riechen mitunter am schlimmsten, nämlich nach Aas.[1]

Wer sich nun fragt, wieso eine Pflanze stinkende Duftstoffe produziert, muss sich mit ihrem Bestäubungsmechanismus beschäftigen. In diesem Fall sind es Aasfliegen, die vom Duft angelockt werden. Die Aasfliegen werden Richtung Grund des Hochblatts gelotst, wo zuerst die weiblichen Blüten bestäubt werden, wenn die Aasfliegen Pollen von einer anderen A. konjac mitbringen. Erst danach geben die männlichen Blüten ihre Pollen auf die Insekten ab. Damit wird eine Selbstbestäubung vermieden.[2]

Der Aasgestank lockt die Aasfliegen an, weil sie in der Tiefe des Hochblattes ein verendetes Tier vermuten, in dessen Kadaver sie ihre Eier ablegen möchten. Bei einer echten Tierleiche ernähren sich die aus den Eiern geschlüpften Maden vom verfaulenden Fleisch. Im Blütenstand der Amorphophallus gehen sie leer aus.

Teufelszunge (Amorphophallus konjac) im Bergland Tropenhaus des Botanischen Gartens der Universität Zürich (Abbildung 2)

Der Begriff «Aronstabgewächs» wird von Deni Bown in seinem Buch Aroids (1988) folgendermassen beschrieben:
“Perhaps best known is the Swiss cheese plant (Monstera deliciosa), with its unmistakable foliage”[1]

Swiss cheese plant oder auch Fensterblatt (Monstera deliciosa) (Abbildung 3)

Ebenfalls zu den Aronstabgewächsen (Araceae) gehört die Kalla (Zantedeschia aethiopica), welche man oft im Laden kaufen kann. Charakteristisch ist zudem der Blütenstand. Ein Hochblatt umhüllt einen Kolben.

Weitläufiger bekannt ist vermutlich die Titanwurz (Amorphophallus titanum), die im Westen Sumatras heimisch ist.[1] Man kennt sie als selten blühende Pflanze, die bestialisch stinkt. Die Teufelszunge ist mit der Titanwurz verwandt. Auch wenn sie sich optisch ähnlich sehen, gibt es doch einen entscheidenden Unterschied. Die Titanwurz ist, wie ihr Name schon vermuten lässt, um einiges grösser als die Teufelszunge. Der Blütenstand mit Kolben der Titanwurz ist ungefähr 2 Meter hoch.[1] Derjenige der Teufelszunge misst jedoch nur ungefähr 30-40 cm.[2] Der Konkurrenzkampf um Licht ist aber kein Problem für die Amorphophallus konjac. Viele der Amorphophallus-Arten vertragen Schatten sehr gut und gedeihen bestens unter Bäumen und Sträuchern.[1]

Titanwurz (Amorphophallus titanum), sie ist mit der Teufelszunge verwandt. (Abbildung 4)

Wer sich schon immer mal gefragt hat, wie diese grosse Blüte oder im Fall der Teufelszunge nicht ganz so grosse Blüte, aufgebaut ist, kann sich das folgende Bild ansehen. Es zeigt den Blütenstand der Teufelszunge. Denn auch wenn man denkt, es ist eine einzelne grosse Blüte, ist es tatsächlich ein Blütenstand. Auf ihm befinden sich viele kleine Blüten. Blütenstände findet man übrigens auch beim Löwenzahn oder beim Gänseblümchen.

Die Teufelszunge besitzt ein fleischfarbenes von aussen gepunktetes Hochblatt (Spatha) und einen dunkelvioletten Kolben (Spadix). Unten am Kolben befinden sich die weiblichen Einzelblüten und darüber die männlichen Einzelblüten.

Teufelszunge (A. konjac): Aufbau des Blütenstandes (Abbildungen 5)
Zone mit weiblichen und männlichen Blüten (Abbildungen 5)

Zwischen Juni und Oktober bildet sich aus der Knolle ein baumähnliches Blatt. Es besteht aus einem aufrechten, fleckigen Stiel und endständigen Laubblättern.[3] Im Winter stirbt das Blatt wieder ab und die Knolle durchläuft mehrere Monate lang eine Ruhephase. Ist die Amorphophallus konjac Pflanze schon vier bis fünf Jahre alt, bildet sich im Februar ein Stiel aus der Knolle mit einem dunkelvioletten Kolben.[2] Im späten Frühjahr beginnt sie zu blühen und dann wird klar, wieso die Teufelszunge ebenfalls unter dem Namen «Tränenbaum» bekannt ist. Der Kolben ist zu Beginn mit Flüssigkeitstropfen benetzt.[3] Nach wenigen Tagen sind diese Tropfen wieder verschwunden und damit auch der Aasgeruch. Die Blüte der Teufelszunge fällt dann wieder in sich zusammen.

Flüssigkeitströpfchen auf dem Kolben der Teufelszunge (Abbildung 6)

Man darf aber nicht vergessen, dass die Teufelszunge noch eine Knolle besitzt, welche bis zu 9-13 kg schwer werden kann. Diese sieht vielleicht unscheinbar aus, birgt aber einige interessante Verwendungszwecke. Es ist vermutlich eine komische Vorstellung, dass man aus einer Pflanze, die so sehr stinkt, wenn sie blüht, trotzdem etwas Essbares herstellen kann. Amorphophallus konjac wird aufgrund der essbaren Knollen in Ostasien überhaupt erst angebaut.[1] Auch auf den Philippinen wird sie kultiviert, denn sie besitzt einen hohen Eiweissgehalt.[4]

Knolle der Teufelszunge (A. konjac) (Abbildung 7)

Im tropischen und subtropischen Asien haben Pflanzen der Gattung Amorphophallus eine lange Geschichte als Nahrungsquelle, aber auch in der traditionellen chinesischen Medizin.[5]

In Japan wird die Teufelszunge als Nahrungsmittel angebaut. Sie sind die zweitgrössten A. konjac Produzenten nach China. Der Inlandsmarkt bevorzugt ungefähr einjährige Knollen, die noch klein und süss sind, und ca. 200 g wiegen, während für die industrielle Verarbeitung etwa dreijährige Knollen geerntet werden. Dann wiegen sie schon 2 kg.

Aus der Knolle, die geschnitten, eingeweicht und getrocknet wird, können gelatineartige graue Kuchen hergestellt werden. Zudem kann man aus ihnen Mehl gewinnen. Mit der Paste wird die japanische Speise Konnyaku sowie auch Nudeln (shirataki) zubereitet. Manchmal wird es auch in Suppen oder Eintöpfe gegeben. Jedoch wird die Teufelszunge auch zunehmend für die pharmazeutische Industrie produziert.[1]

Asiatisches Gericht Konnyaku (Abbildung 8)
Asiatische Nudeln (shirataki) aus der Knolle der A. konjac hergestellt (Abbildung 9)

Konjak Gel wird von der indigenen Bevölkerung Chinas schon seit mehr als 2000 Jahren unter anderem für die Behandlung von Asthma, Verbrennungen, Brustschmerzen und Hautbeschwerden genutzt. Auch in der traditionellen chinesischen Medizin wird dieses Gel benutzt: für die Entgiftung, Tumor-Unterdrückung und Verminderung von Blutstau in den Venen.[5]

Zerkleinert findet die Knolle in der Behandlung von Schlangen- und Nagetierbissen Verwendung.[1] Sie enthält viel Glukomannan (ein Polysaccharid), welches wasserlöslich ist. Weil dadurch sehr viel Wasser absorbiert wird, ist es einer der dickflüssigsten Ballaststoffe, die wir kennen.[5] Diese zähflüssige Lösung kann ein Sättigungsgefühl erzeugen, weil die Nährstoffaufnahme aus der Nahrung verzögert wird.[6] Der Appetit wird reduziert. Somit ist es naheliegend, dass Glukomannan in der Behandlung von Fettleibigkeit verwendet wird.[7]

Polysaccharide sind Kohlenhydrate. Man kann sie auch als Vielfachzucker bezeichnen. Sie sind nämlich aus vielen Monosacchariden (Einfachzuckern) zusammengebaut.

Aber Vorsicht! Es sind einige Fälle bekannt, bei denen das Einnehmen einer solchen Diätpille zum Verschluss der Speiseröhre geführt hat. Denn Glukomannan hat ein hohes Quellvermögen.[8] Alle die Schluckprobleme haben, sollten also auf diesen Quellstoff verzichten.

Auch in der Behandlung von Diabetes wird Konjak Glukomannan verwendet. Es reduziert den Anstieg der Glukose- und Insulinproduktion nach dem Essen.[9] Glukomannan kann also den Blutzuckerspiegel regulieren. Es wurden Studien durchgeführt, die zeigten, dass es zu Verminderungen der Risikofaktoren (z.B. Bluthochdruck) für koronare Herzkrankheiten bei Typ 2 Diabetikern kam.

Koronare Herzkrankheit: Erkrankung bei der die Herzkranzgefässe verengt sind. Dies kann zum Beispiel durch Ablagerungen geschehen. Die Erkrankung kann chronisch oder akut sein.

Die Glucomannane der Amorphophallus konjac haben zusätzlich antioxidative Wirkungen. Diese Wirkung hängt vermutlich mit seiner Fermentierung im Blind- und Dickdarm zusammen.[10] Antioxidantien haben eine Schutzwirkung gegen freie Radikale, denn sie fangen sie ein. Solche freien Radikale können zum Beispiel durch Stoffwechselkrankheiten produziert werden.[11]

Wissenschaftliche Studien untersuchen gegenwärtig, ob und wie man Konjak Glukomannan in der Kosmetik einsetzen kann.[12] Der Konjak-Schwamm zum Beispiel wird aus dem Pulver der Knollenfasern hergestellt. Er soll feuchtigkeitsspendend sein und die Haut porentief reinigen. In Japan soll es ihn schon länger geben, aber auch bei uns gibt es ihn immer häufiger.[13]

Tropenhäuser im Botanischen Garten Zürich

Neben den medizinischen Anwendungen gibt es jedoch auch noch andere Möglichkeiten Glukomannan zu nutzen. Wegen seinem hohen Wasserrückhaltevermögen, wird es zum Beispiel auch in Wegwerfwindeln oder Damenbinden eingesetzt.[6]

Wie bereits erwähnt, wird die Teufelszunge im Asiatischen Raum für vielerlei Zwecke genutzt. Im Westen wird sie vor allem in der Lebensmittelindustrie sowie in der Nutrazeutika Industrie verarbeitet, nämlich als Lebensmittelzusatzstoff und Nahrungsergänzungsmittel.[5] Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat Konjak Glukomannan in Europa die E425-Vereinbarungsnummer zugewiesen. Damit gehört es zur Kategorie der Verdickungsmittel, Emulgatoren, Füllstoffe und Geliermittel.[14] Konjak wird zum Beispiel als natürlicher Emulgator bei der Herstellung von Fleischwaren eingesetzt. In Glasnudeln ist Konjak ebenfalls zu finden. E425 darf jedoch nicht in Gelee-Süsswaren verwendet werden aufgrund der zuvor erwähnten Erstickungsgefahr.[15]

Wer die Teufelszunge nun gerne von nahem betrachten möchte, findet sie im Bergland Tropenhaus (rechte Kuppel auf dem Foto) des Botanischen Gartens der UZH. Sie ist jedoch nur ausgestellt, wenn sie am Blühen ist.


Literaturverzeichnis

[1] Bown, D. (1988). Aroids. Plants of the arum family. Timber Press. 38-39, 184, 202-204, 216.

[2] Aktuelles aus dem Botanischen Garten und der Naturkundlichen Station. (2011, 17. Februar). Zobodat. Newsletter des Botanischen Gartens Linz. https://www.zobodat.at/pdf/ABBGL_2011_02_17_0001.pdf

[3] Hanninger, U. (2019, 03. Juli). Teufelszunge: Nichts für feine Nasen. Mein schöner Garten. https://www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/titanwurz/teufelszunge

[4] Brücher, H. (1977). Tropische Nutzpflanzen: Ursprung, Evolution und Domestikation. Springer – Verlag. 139.

[5] Chua, M., Baldwin, T. C., Hocking, T. J., & Chan, K. (2010). Traditional uses and potential health benefits of Amorphophallus konjac K. Koch. Journal of Ethnopharmacology128(2), 268-278. https://doi.org/10.1016/j.jep.2010.01.021

[6] Kök, M. S., Abdelhameed, A. S., Ang, S., Morris, G. A., & Harding, S. E. (2009). A novel global hydrodynamic analysis of the molecular flexibility of the dietary fibre polysaccharide konjac glucomannan. Food Hydrocolloids23(7), 1910 1917. 
https://doi.org/10.1016/j.foodhyd.2009.02.002

[7] Kraemer, W. J., Vingren, J. L., Silvestre, R., Spiering, B. A., Hatfield, D. L., Ho, J. Y., Fragala, M. S., Maresh, C. M., & Volek, J. S. (2007). Effect of adding exercise to a diet containing glucomannan. Metabolism56(8), 1149-1158. https://doi.org/10.1016/j.metabol.2007.04.010

[8] Vanderbeek, P. B., Fasano, C., O’Malley, G., & Hornstein, J. (2007). Esophageal obstruction from a hygroscopic pharmacobezoar containing glucomannan. Clinical Toxicology45(1), 80-82. https://doi.org/10.1080/15563650601006215

[9] Vuksan, V., Sievenpiper, J. L., Xu, Z., Wong, E. Y., Jenkins, A. L., Beljan-Zdravkovic, U., Leiter, L. A., Josse, R. G., & Stavro, M. P. (2001). Konjac-Mannan and American Ginsing: Emerging alternative therapies for type 2 diabetes mellitus. Journal of the American College of Nutrition20(sup5), 370S-380S. https://doi.org/10.1080/07315724.2001.10719170

Vuksan, V., Jenkins, D. J., Spadafora, P., Sievenpiper, J. L., Owen, R., Vidgen, E., Brighenti, F., Josse, R., Leiter, L. A., & Bruce-Thompson, C. (1999). Konjac-Mannan (glucomannan) improves glycemia and other associated risk factors for coronary heart disease in type 2 diabetes. A randomized controlled metabolic trial. Diabetes Care22(6), 913-919. https://doi.org/10.2337/diacare.22.6.913

[10] Wang, C., Lai, P., Chen, M., & Chen, H. (2008). Antioxidative capacity produced bybifidobacterium- andLactobacillus acidophilus-mediated fermentations of konjac glucomannan and glucomannan oligosaccharides. Journal of the Science of Food and Agriculture88(7), 1294-1300. https://doi.org/10.1002/jsfa.3226

[11] Behera, S. S., & Ray, R. C. (2016). Konjac glucomannan, a promising polysaccharide of Amorphophallus konjac K. Koch in health care. International Journal of Biological Macromolecules92, 942–956. https://doi.org/10.1016/j.ijbiomac.2016.07.098

[12] Devaraj, R. D., Reddy, C. K., & Xu, B. (2019). Health-promoting effects of konjac glucomannan and its practical applications: A critical review. International Journal of Biological Macromolecules126, 273-281. https://doi.org/10.1016/j.ijbiomac.2018.12.203

[13] Reketat, A. (2019, 24. Juni). Konjac-Schwamm: Was bringt ER fur Körper und Gesicht? Utopia. https://utopia.de/ratgeber/konjac-schwamm-was-bringt-er-fuer-koerper-und-gesicht/

[14] Approved additives and E numbers. (2018, 01. März). Food Standards Agency. https://www.food.gov.uk/business-guidance/approved-additives-and-e-numbers

[15] Massholder, F. (2014, 09. Juni). Konjak, was ist das? Füllstoffe: Definition, Warenkunde, Lebensmittelkunde. Lebensmittellexikon. https://www.lebensmittellexikon.de/k0004870.php#1

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Foto von Jessica Baumann

Abbildung 2: Foto von Jessica Baumann

Abbildung 3: Foto von Kara Eads via Unsplash

Abbildung 4: Foto von Fbianh unter CC0 1.0

Abbildungen 5: Fotos von Jessica Baumann

Abbildung 6: Foto von Jessica Baumann

Abbildung 7: Foto von Jessica Baumann

Abbildung 8: Foto von Gleam unter CC BY-SA 3.0

Abbildung 9: Foto von Susan Slater unter CC BY-SA 4.0

Abbildung 10: Foto von Jessica Baumann