«Die 3-er Kombination von Vitamin D, Omega-3 und Trainingsprogramm zeigte den stärksten Schutz in der Prävention von Krebserkrankungen»

«Die 3-er Kombination von Vitamin D, Omega-3 und Trainingsprogramm zeigte den stärksten Schutz in der Prävention von Krebserkrankungen»

Zusammenfassung

Die Do-Health Studie ist die grösste Altersstudie in Europa. Ziel dieser Studie ist es, über eine bessere Gesundheit die Selbständigkeit und die Lebensqualität der über 70-jährigen Menschen zu fördern. Im Interview mit Heike A. Bischoff-Ferrari, Koordinatorin dieser gross angelegten internationalen Studie, berichtet sie von den untersuchten Massnahmen und den Ergebnissen zur Vorbeugung von neuen Krebserkrankungen. 

Sie sind Erstautorin der gross angelegten internationalen «DO-HEALTH» Studie, deren Ergebnisse zur Krebsprävention Ende April in einer renommierten Fachzeitschrift veröffentlicht wurden. 

Was, wen und wie haben Sie genau hier untersucht?  

Wir haben in DO-HEALTH untersucht inwieweit drei volksgesundheitliche Massnahmen – Vitamin D, Omega-3 und ein einfaches Krafttrainingsprogramm – für zu Hause bei generell gesunden Menschen im Alter von 70 Jahren über 3 Jahre das Risiko für neue invasive Krebserkrankungen senken können. Die Studie schloss 2157 Menschen aus 5 europäischen Ländern ein (Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, Portugal) und das Studiendesign war mit 8 Therapiearmen so gewählt, dass die Massnahmen einzeln und in Kombination beurteilt werden können. Die Gabe von Vitamin D und Omega-3 war verblindet und Placebo-kontrolliert. Das Trainingsprogramm wurde gegen ein Kontrolltrainingsprogramm, welches primär auf Gelenkbeweglichkeit abzielte, verglichen. Also eine hochqualitative randomisierte-kontrollierte Interventionsstudie. 

Welche Massnahmen haben Sie genau untersucht?
Für Vitamin D wurde eine Gabe von täglich 2000 IE untersucht, in der gängigen Form von Vitamin D3 (Cholecalciferol). Diese Dosis liegt unter der sicheren oberen Einnahme-Empfehlung zu Vitamin D, ist jedoch 2.5-fach höher als die heutige Empfehlung von 800 IE am Tag zur Prävention des Vitamin D Mangels bei älteren Erwachsenen. Für Omega-3 wurde eine Gabe von täglich 1 Gramm untersucht, was heutigen Empfehlungen in der Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen entspricht. Das verwendete Omega-3 war marines Omega-3 auf Algenbasis. 

Und was waren genau die Ergebnisse?
Vitamin D, Omega-3 und Bewegung beeinflussen unterschiedliche Mechanismen der Krebsentwicklung. Während Vitamin D auf die Unterdrückung von Krebszellen einwirkt, hat Omega-3 entzündungshemmende Wirkungen, und körperliche Aktivität löst das Absterben von Krebszellen aus. In den derzeit veröffentlichten Studien werden die Massnahmen jedoch getrennt voneinander bewertet, wobei ihre sich ergänzenden Mechanismen ausser Acht gelassen werden. Daher haben wir die Wirkung einer täglichen Vitamin D- und Omega-3-Supplementierung sowie eines einfachen Krafttrainingsprogramms für zu Hause individuell und in Kombination zur Krebsprävention bei generell gesunden und aktiven älteren Erwachsenen untersucht. Wir stellten fest, dass alle drei Maßnahmen für sich genommen einen geringen Nutzen haben, der sich bei der Kombination von zwei Strategien verstärkte und bei der Kombination aller drei Strategien mit einer 61 Prozent Verminderung jeglicher invasiver Krebsneuerkrankungen am grössten war

Und hat Sie etwas besonders erstaunt bei den Ergebnissen?
Da frühere Studien darauf hindeuteten, dass Vitamin D, Omega-3 und Bewegung verschiedene Mechanismen der Krebsentwicklung beeinflussen, war unsere Hypothese, dass ihre Kombination einen zusätzlichen Nutzen hat. Erstaunlich war wie eindrücklich sich die erwartete additive Wirkung der Massnahmen bereits innerhalb von 3 Jahren zeigte.
Die Wirkungen der einzelnen Massnahmen waren gering, die 2-er Kombinationen zeigten eine weitere Zunahme des Schutzes und die stärkste Wirkung in der 3-er Kombination.
Unsere Ergebnisse könnten die künftige Ausrichtung zu einer multikomponenten Präventionsstrategie in der Krebsprävention prägen.
In ähnlicher Weise zielen neuartige Krebstherapien darauf ab, mehrere Wege der Krebsentwicklung zu blockieren, indem sie mehrere Wirkstoffe kombinieren. 

Und welche präventiven Massnahmen empfehlen Sie nun – nach Veröffentlichung der Studienergebnisse – älteren Menschen über 70 Jahre? 

Mit der 3-fach Kombination müssten anhand unserer Ergebnisse 35 Menschen behandelt werden, um eine neue Krebserkrankung in 3 Jahren zu verhindern. Da Krebserkrankungen mit dem Alter deutlich zunehmen und die zweithäufigste Ursache für eine frühzeitige Sterblichkeit bei älteren Erwachsenen darstellt, zeichnet sich in diesen Resultaten eine Chance für die Prävention ab. Dies auch insbesondere, weil die drei Massnahmen verträglich und auf einer Bevölkerungsebene erschwinglich wären. Bezüglich Umsetzung in Richtlinien, bedarf es weiterer Studie die unsere Ergebnisse bestätigen. In der Partnerstudie VITAL USA, die die gleiche Dosis an Vitamin D bei ca. 25‘000 Menschen im Alter 55 und darüber untersucht hat, zeigte sich mit der gleichen Dosis an Vitamin D eine mögliche Verminderung der Krebssterblichkeit, und eine signifikante Verminderung von fortgeschrittenen Krebserkrankungen. 

Die Studie untersuchte über 70-jährige Menschen. Würden Sie denn auch den jüngeren Erwachsenen diese präventiven Massnahmen empfehlen? 

Unsere Resultate beziehen sich auf generell gesunde und aktive Menschen im Alter 70 und darüber, die überwiegend keinen Vitamin D Mangel hatten. Daher ist denkbar, dass auch Menschen im Alter 50+ profitieren können. Die oben erwähnte VITAL Studie aus den USA würde das für Vitamin D und fortgeschrittene Krebserkrankungen bestätigen. 

Die wichtigsten Ergebnisse wurden auch im Rahmen der Medienmitteilung der UZH veröffentlicht.

Prof- Dr.med.DrPH Heike A. Bischoff-Ferrari
@Sabina Bobst/Lunax

Prof. Dr.med. DrPH Heike A. Bischoff-Ferrari
Lehrstuhl für Geriatrie und Altersforschung
Universität Zürich

Klinikdirektorin, Universitäre Altersmedizin
Universitätsspital Zürich und Stadtspital Zürich

Das Interview führte Anne Borchard

Titelbild: https://www.pexels.com/de-de/@anastasia-shuraeva/