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Anna Heer hatte den Schweizerischen Gemeinnützigen Frauenverein für die Unterstützung ihrer Idee einer Pflegerinnenschule mit Spital gewinnen können. Ohne Machtkämpfe verlief die Geschichte dann allerdings nicht. Die Gründerinnen hatten ihre eigenen Vorstellungen und waren risikofreudiger als es manchem Vereinsmitglied lieb war. Nur in die Baukommission beriefen Anna Heer und Ida Schneider einige Männer ihres Vertrauens, sonst blieb es im wahrsten Sinne ein Werk „von Frauen für Frauen“.
Während das Gebäude in die Höhe wuchs, klafften bei der Finanzierung Lücken. In ihrer Not behalfen sich die Frauen mit der Ausgabe von Obligationen, die sie dank ihrer guten Beziehungen bei wohlhabenden Gönnern platzieren konnten. Am 30. März 1901 konnten die Gründerinnen zur feierlichen Eröffnung einladen. Am 5. April 1901 trat die erste Schülerin ein.
Die Historikerin Verena E. Müller über die Gründung der Schweizerischen Pflegerinnenschule
Die ersten Patientinnen
Die Verhältnisse in Spital und Schule entwickelten sich von Monat zu Monat zufriedenstellender. Die „Pflegi“ gewann das Vertrauen der Bevölkerung. Im ersten Jahrzehnt stieg die Zahl der Patientinnen stetig an, doch ausgerechnet die Geburtsabteilung entwickelte sich langsamer als erhofft. Die knappe finanzielle Basis, ein Erbe aus der Bauzeit, belastete in den ersten Jahren die Rechnung.
Zusätzliche Sorgen hatte die Leitung, weil weniger Patientinnen als erhofft die Privatabteilung wählten. Patientinnen in der allgemeinen Abteilung waren willkommen, aber sie belasteten das Budget. Nur wenige Frauen hatten eine Krankenversicherung. Aus sozialen Überlegungen war es unmöglich, den nicht versicherten Patientinnen die anfallenden Kosten vollumfänglich zu verrechnen. All die Jahre versuchte die Pflegerinnenschule, die Tarife möglichst niedrig zu halten und Defizite durch Spenden auszugleichen.
Unterricht am Abend
Neben ihren medizinischen Aufgaben gehörte zu den Pflichten der Chefärztin Anna Heer das Unterrichten. Die Lektionen waren abends nach Abschluss des Spitaltages angesetzt. Die Schülerinnen wurden um 5.30 Uhr geweckt, sie frühstückten um 6 Uhr und sassen um 20 Uhr – schläfrig – in der Schulbank. Nach dem ersten theoretischen Jahr wechselten die Absolventinnen für das Praktikum an ein anderes Spital. Die Gesamtverantwortung für die Schule trug bis 1914 Oberin Ida Schneider.
Erweiterung
Bereits nach wenigen Jahren herrschte Platznot. 1906 gelang es, von der Stadt ein angrenzendes Grundstück zu kaufen. 1908 bezogen die Schülerinnen das neue Schwesternhaus. Wiederum drängte sich eine grosse Bettelaktion auf.
Anna Heer sparte nicht bei medizinischen Innovationen. 1910 befassten sich die Verantwortlichen mit der Anschaffung eines Röntgengeräts, auch dies eine riesige Investition, die sich jedoch auszahlte.
Ein Frauenbetrieb
Der Leitung war es ein Anliegen, dass in der Pflegi bei passendem Anlass tüchtig gefeiert wurde. Weihnachtsfeste und Diplomfeiern blieben allen Beteiligten ein Leben lang in bester Erinnerung. Im Alltag dagegen ging es auch in einem Frauenbetrieb nicht immer harmonisch zu. 1914 fühlte sich die Hausärztin Dr. Anna Baltischwiler in ihren Kompetenzen eingeschränkt und erreichte, dass sich Oberin Ida Schneider aus dem operativen Geschäft zurückzog.
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Text: Verena E. Müller