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Badekurorte mit internationaler Ausstrahlung
Die grosse Zeit der Schweizer Badekurorte war die sogenannte Belle Époche, die letzten drei oder vier Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg. Erstrangige Kurorte wie Bad Ragaz, St. Moritz und Schuls-Tarasp-Vulpera orientierten sich an den mondänen ausländischen Vorbildern. Wie in Baden-Baden, Marienbad oder Vichy wurden repräsentative Trinkhallen, Badeanlagen und Kurparks errichtet.
Die Gäste stiegen in Kurhotels mit modernster, aufwändiger Infrastruktur ab. Nebst grosszügigen Gesellschaftsräumen, Konzertsälen und Tennisplätzen verfügten sie mitten in den Alpen auch über moderne Technik wie Lifte, elektrisches Licht und Zentralheizung. Viele Gebäude aus dieser Zeit sind heute noch erhalten und verleihen den ehemaligen Bergdörfern immer noch ein Hauch von aristokratischem Glanz.
Für jedes Leiden ein Wasser
Neben den bekannteren, grossen gab es in der Schweiz noch zahlreiche kleinere, heute vielfach nicht mehr genutzte Heilquellen. Die kleinen Bedli richteten sich an ein lokaleres Publikum mit weniger exklusiven Ansprüchen, hatten aber durchaus ihre Spezialitäten. Zeitgenössische Bäderführer befassten sich ausführlich mit der Einteilung der über 150 bekannten Heilquellen in der Schweiz nach chemischer Zusammensetzung und Temperatur, Wirkung und Indikation.
Je nach Krankheit wurde ein Soolbad, ein Schwefel- oder Eisenwasser, ein Säuerling oder gar eine radiumhaltige Quelle empfohlen. Für verbreitete Leiden wie verlangsamte Rekonvaleszenz, Blutarmut, Rheuma oder Verdauungsstörungen wurden die meisten Badekurorte empfohlen. Für speziellere Indikationen wie Nervenleiden, Hautausschläge oder Frauenkrankheiten galten einige Kurorte als besonders geeignet.
Stundenlanges Baden
Für Trinkkuren wurde das Mineralwasser am Morgen noch erdwarm auf nüchternen Magen getrunken. Gebadet wurde in offenen Schwimmbecken oder in einzelnen Badezellen mit eingelassenen Becken. Die Badedauer war vom Kurarzt vorgegeben. Angeboten wurden neben Bädern auch andere Wasseranwendungen wie Douchen, Abgüsse, Abreibungen, Wärmepackungen, Inhalationen und Zerstäubungen.
Vom Kurbad zur Wellness-Destination
Der Badetourismus in der Schweiz erlitt einen ersten Einbruch mit dem Ersten Weltkrieg, als die internationalen Gäste ausblieben. Die traditionsreichen Bäder wurden von einheimischen Kurgästen weiter genutzt, bis auch diese mit den veränderten Therapiebedürfnissen ab Mitte des 20. Jahrhunderts immer mehr ausblieben. Die heute noch erhaltenen Thermalbäder haben in den letzten Jahren wieder in ihre Infrastrukturen investiert, dienen aber vor allem als Wellness-Destinationen und bieten nur noch am Rande medizinische Dienstleistungen an.