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Lehrstuhl für Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungssystems, Prof. Dr. Lucien Criblez

Praktikum im Projekt „Bildung in Zahlen“: Inventarisierung von historischen Daten zur Pflegerinnenschule des Schwesternhauses vom Roten Kreuz in Zürich-Fluntern (1883–1955)

1. April 2020 | Stefan Kessler | Keine Kommentare |

Von Claudine Dätwyler-Werthmüller, 22. März 2020

Im Rahmen meines Praktikums im SNF-Projekt „Bildung in Zahlen“ konnte ich mich vertieft mit der beruflichen Ausbildung von Krankenpflegerinnen des Schwesternhauses vom Roten Kreuz in Zürich-Fluntern auseinandersetzen. Die Schule bildete die Vorgängerinstitution des heutigen Bildungszentrums Careum. Anhand der Jahresberichte konnte die Entwicklung der Ausbildung während der untersuchten Periode (1883–1955) skizziert werden. Die Ausbildungszeit verlängerte sich seit der Gründung der Schule 1882 von anderthalb auf drei Jahre, wobei die Schwestern bis ins Jahr 1942 verpflichtet waren, nach Abschluss der Lehrzeit (Diplomierung) für mehrere Jahre dem Schwesternhaus zu dienen. Diese Verpflichtung wurde im Anschluss an die Vorschriften des Schweizerischen Krankenpflegebundes aufgehoben und es wurde stattdessen ein Lehrgeld eingeführt.

Der Fokus der Schule lag auf der theoretischen und praktischen Ausbildung der Schwestern. Im Laufe der Zeit stiegen die Anforderungen beachtlich. Zum einen vergrösserte sich das Mutterhaus und zum anderen auch die Anzahl der Aussenstationen, auf denen die Schwestern einen Teil ihrer Ausbildung verbrachten. Derartige Einsatzbereiche waren die Privat-, Spital-, Gemeindepflege sowie im Kriegsfall die Pflege der Kranken und Verwundeten im Feld und in den Lazaretten. Während der ganzen untersuchten Periode ertönte der Ruf nach mehr Schwestern. Obwohl sich immer viele Bewerberinnen meldeten, mussten viele aufgrund ihrer mangelnden schulischen Fähigkeiten oder ihrer „körperlichen Kraft“ abgewiesen werden. Zudem mussten regelmässig Schwestern ihre Ausbildung abbrechen. Hauptgründe für den vorzeitigen Abbruch waren Krankheit, Heirat, familiäre Gründe oder ihr Charakter entsprach nicht den Vorstellungen der Anstalt. Immer wieder starben Schwestern (z. B. während der Grippeepidemie von 1918) oder sie mussten ihre Ausbildung infolge längerer Krankheit unterbrechen.

Quelle: Jahresberichte des Schwesternhauses vom Roten Kreuz in Zürich-Fluntern (1883–1955). Anmerkungen zur Grafik: Einige Berichtsjahre weisen unvollständige oder ungenaue Angaben auf. Für diese Darstellung wurden einige Angaben aus den vorhandenen Daten rekonstruiert und die Daten insgesamt bereinigt.

Beim Schwesternhaus vom Roten Kreuz, das von Pfarrer Bion gegründet wurde, handelte es sich um eine konfessionslose aber nicht religionslose Bildungsstätte. Dies bedeutet, dass die ins Mutterhaus aufgenommenen Frauen sich nicht auf eine bestimmte religiöse Richtung verpflichteten. Auf die innere Berufung zur Krankenpflege, den echten religiösen Sinn und den sittlichen Charakter kam es an. Sowohl die Schülerinnen wie auch die diplomierten Schwestern des Mutterhauses mussten eine Uniform tragen und durften als einziges Schmuckstück die Brosche mit dem Kreuz, die sie bei der Diplomierung erhielten, tragen.

Bildquelle
Das Schwesternhaus zum roten Kreuz in Fluntern (nicht vor 1887). Zentralbibliothek Zürich (e-rara.ch): https://doi.org/10.3931/e-rara-54737.

Bildung in Zahlen
Im Rahmen der SNF-Forschungsinfrastruktur „Bildung in Zahlen“ werden aktuell Daten zur Entwicklung des beruflichen Ausbildungswesens der Schweiz inventarisiert. Diese Daten werden auf www.bildungsgeschichte.ch publiziert und sind nach ihrer Publikation frei zugänglich. Mehr zum Projekt: Bildung in Zahlen.

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