HBS Blog

Lehrstuhl für Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungssystems, Prof. Dr. Lucien Criblez

CfP: Stationäre Erziehung im 20. Jahrhundert – Praktiken, Akteure, Netzwerke

9. März 2022 | Jona Garz | Keine Kommentare |

Tagung am 25. und 26. August 2022 an der Universität Zürich

Kontext der Tagung

Die Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen, insbesondere die stationäre Erziehung in Heimen, ist in den letzten 20 Jahren zunehmend öffentlich diskutiert worden; historischen (zum Teil auch aktuellen) Praktiken im Spannungsfeld von Fürsorge und Zwang ist viel Aufmerksamkeit zugekommen. Dabei standen oft Aufgaben der Aufarbeitung und der Wiedergutmachung im Vordergrund. In der Schweiz sind im Rahmen der Arbeiten der Unabhängigen Expertenkommission Administrative Versorgung (bis 2019) und des Nationalen Forschungsprogramms (NFP) 76 Fürsorge und Zwang – Geschichte, Gegenwart, Zukunft, aber auch in weiteren Forschungszusammenhängen, neue Erkenntnisse zur Geschichte der Heimerziehung im 20. Jahrhundert erarbeitet worden. Die Tagung thematisiert in diesem Zusammenhang Fragen nach Kontinuität und Wandel der stationären heil- und sozialpädagogischen Erziehung im 20. Jahrhundert.

Thematische Ausrichtung

Fragen nach Kontinuität und Wandel der stationären Erziehung lassen sich auf mindestens drei unterschiedlichen Ebenen bearbeiten: auf der Mikroebene der pädagogischen, diagnostischen und therapeutischen Praktiken im Heim (1), auf der Mesoebene der Heimorganisation und der unterschiedlichen Akteure (2) sowie auf der Makroebene der Heimpolitik, der Netzwerke der Akteure sowie der rechtlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Kontexte bzw. Referenzsysteme (3). Der Call for Papers ist auf diese drei Themenbereiche ausgerichtet, erwünscht sind Beiträge zu unterschiedlichen Perioden des 20. Jahrhunderts, die international oder auf die Schweiz ausgerichtet sein können.

Thema 1: Analysen zu pädagogischen, diagnostischen und/oder therapeutischen Praktiken: Zu diesen Praktiken gehören unter anderem das Vorgehen bei Eintritt und Austritt der «Zöglinge», die medizinische und psychologische Diagnostik durch Tests und Beobachtung, das Rapportieren und die Aktenführung oder das Aushandeln, Festlegen und Durchsetzen von Regeln und Strafen. Aber auch heimspezifische Formen des Unterrichtens, der (Berufs-)Ausbildung und des Zusammenlebens im Heim ganz allgemein können thematisiert werden.

Thema 2: Heimorganisation und Akteurkonstellationen: Erziehungs-, Kinder- oder Jugendheime haben ihre innere Organisationsform im Verlaufe des 20. Jahrhunderts massgeblich verändert, die Einführung von Gruppen-/Familiensystemen ist wohl die wichtigste, aber bei weitem nicht die einzige organisatorische Reform. In diesem Themenbereich stehen Fragen nach Kontinuität und Wandel der Heimorganisation, ihrer Funktionalität und Legitimation, damit auch ihrer Normativität im Vordergrund des Interesses. Zum Themenbereich gehören aber auch Fragen nach der Veränderung von Akteurkonstellationen und der Einführung neuer Akteure (z.B. psychologische Dienste), nach den sich wandelnden Formen der Aufsicht oder der überdauernden Herausforderung der Sicherung der Finanzierungsgrundlagen.

Thema 3: Kontexte und Netzwerke: Heime haben zwar eine je individuelle «Gestalt» und Geschichte, sind aber immer auch Teil eines Netzwerkes von vielen Heimen bzw. sozial- und sonderpädagogischen Institutionen. Sie sind in einen sich verändernden Rechtskontext, in Logiken der öffentlichen Verwaltung, in fachliche Diskurszusammenhänge eingebunden und orientieren sich an (wechselnden) wissenschaftlichen Referenzen und Referenzdisziplinen. Es sind nicht zuletzt auch politische Kontexte, die für die historische Rekonstruktion und das Verstehen einer sich wandelnden «Heimlandschaft» von Bedeutung sind.

Call for Papers

Vorschläge für Beiträge zur Tagung mit Titel, einem Abstract von max. 3’000 Zeichen, Hinweisen zum fokussierten Themenbereich sowie Angaben zur Person bzw. zu den Personen sind per mail bis zum 30. April 2022 erbeten an jona.garz@ife.uzh.ch

Die Tagung wird organisiert von:
Prof. Dr. Patrick Bühler (Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz) sowie Prof. Dr. Lucien Criblez, Daniel Deplazes, Jona Garz, Nives Haymoz und Prof. Dr. Elisabeth Moser Opitz (Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich)

03.03.2022

Abgelegt unter: Forschunglaufende ForschungsprojekteVeranstaltungen
Tags:


Keine Kommentare vorhanden

  • Es gibt noch keine Kommentare.

Sie müssen eingeloggt sein, um einen Kommentar zu schreiben.