Öffentlicher Gastvortrag von
Renate Schär
Historikerin und Kulturvermittlerin
Dienstag, 15.05.2018, 2018, 16 Uhr,
Universität Zürich, FRE-D-15,
Freiestrasse 36, 8032 Zürich
Am 28. September 1971 demonstrierten Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppierung «Heimkampagne» vor der Arbeitserziehungsanstalt Uitikon im Kanton Zürich gegen repressive Erziehungsmethoden. Die anschliessende Flucht von 17 jugendlichen Heiminsassen geriet zu einem der grössten Medienereignisse des Jahres. Die Aktion war Höhepunkt einer Kampagne, in deren Mittelpunkt die Kritik an der Einweisung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Erziehungsanstalten und deren Praktiken stand. Als direktes Vorbild für die Deutschschweizer Kampagne diente die gleichnamige Gruppierung in Deutschland. Die Heimkampagne hatte ihren Ursprung in der institutionenkritischen 68er-Bewegung, die den geeigneten gesellschaftlichen Resonanzboden für die Heimkritik schuf. Sie war Teil einer internationalen Debatte über die Demokratisierung von Institutionen wie Gefängnissen, Heimen oder psychiatrischen Kliniken. Obschon die Heimkampagne nicht Auslöser der Heimkritik war, trug sie mit ihren medienwirksamen Aktionen entscheidend zur Debatte bei, die schrittweise zu Reformen in der Heimerziehung und im Jugendstrafvollzug führte.