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Lehrstuhl für Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungssystems, Prof. Dr. Lucien Criblez

Anforderungen an den Lehrberuf – zum Wandel des Professionsverständnisses seit 1980

Dissertationsprojekt | Stefan Schönenberger |stefan.schoenenberger@fhnw.ch

Im Zeitverlauf kann die jüngere Geschichte der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der Schweiz holzschnittartig als Bewegung von der Fokussierung der Person über Überlegungen zur Professionalität hin zur Kompetenzorientierung gelesen werden. Seit den 1980-er Jahren sah sich die Lehrerinnen- und Lehrerbildung mehreren Reformen und Umbrüchen ausgesetzt. Die Bemühungen Mitte der 70er-Jahre die Ausbildungen zu vereinheitlichen, zeigten noch bis Mitte der 90er-Jahre wenig Früchte, waren doch die historisch gewachsenen Strukturen mit Überzeugungen «der guten Lehrperson» verbunden. Die Diplomanerkennungsverfahren Mitte der 90er-Jahre vermochten zwar die Strukturen zu vereinheitlichen, doch erst die Tertiarisierung und die Europäisierung des Hochschulwesens brachten einen Schub in das grundlegende Ausbildungsverständnis.
Im vorliegenden Forschungsvorhaben werden anhand von vier Fallbeispielen die institutionellen Beliefs «der guten Lehrperson» im synchronen und diachronen Zeitverständnis in der Tradition der Policy-Analyse und der historischen Bildungsforschung rekonstruiert. Damit rücken Fragen zu Inhalten, zur Eignung und zur Zulassung zu den Ausbildungen ins Zentrum. Zwei der Fallbeispiele (Kantone bzw. Institutionen) weisen eine seminaristische Tradition auf, während die anderen zwei Fälle bereits in den 70-er Jahren oder früher postmaturitär organisiert waren.
Das Forschungsverständnis richtet sich nach dem interpretativen Paradigma, welches vermehrt Argumente und Narrative ins Zentrum rückt. In Curricula, Reglementen oder Publikationen der Lehrerinnen- und Lehrerverbände und weiteren Quellen werden mittels Inhalts- und Dokumentenanalysen die Beliefs zu den jeweiligen Professionsverständnissen herausgearbeitet. Experteninterviews werden zur Ergänzung und Validierung der Daten und Analysen herangezogen. Damit leistet die Arbeit einen Beitrag zur klareren Konturierung des heutigen Ausbildungsverständnisses und ergänzt die in den letzten Jahren entstandenen Strukturanalysen des schweizerischen Bildungssystems mit einem spezifischen Fokus auf das Professionsverständnis.