Iurisprudentia: Historische Rechtstexte im Fokus

Iurisprudentia: Historische Rechtstexte im Fokus

Das Projekt «iurisprudentia» digitalisiert historische Rechtstexte und will damit das rechtsgeschichtliche Argument stärken. Initiant und UZH-Rechtsprofessor Walter Boente stellt es hier in Kürze vor.


Rechtsgeschichtliche Argumente treten oft bereits deswegen in den Hintergrund, weil ihre Quellen nicht immer leicht zugänglich sind. Manches findet sich denn auch in alten Büchern oder Manuskripten, die bereits aufgrund der Schrift – Fraktur oder deutsche Kurrentschriften – nicht einfach lesbar sind. Dabei bieten gerade solche Dokumente häufig «Gebrauchsanleitungen» für die heutigen Gesetze. Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht sind schliesslich bereits über hundert Jahre alt!

Ziel: „Recht“ zugänglich machen

Die Plattform «iurisprudentia» (www.iurisprudentia.online) hat sich zum Ziel gemacht, das rechtsgeschichtliche Argument wieder auf den heimischen Schreibtisch zu bringen. Ziel des Projekts ist es, den über Jahrhunderte gewachsenen Textkorpus «Recht», zusammengesetzt aus Rechtsetzungswerken, Rechtsprechung sowie Arbeiten der Rechtswissenschaft, digital zugänglich(er) zu machen und aufzuarbeiten.



Im Rahmen des Projekts «iurisprudentia» werden Rechtstexte digitalisiert und bereits frei verfügbare Digitalisate an einem Ort zusammengeführt. Die Dokumente werden im Volltext erkannt bzw. Handschriften, mit unterschiedlicher, teilweise überraschend hoher Genauigkeit, automatisch transkribiert (bspw. handschriftliche Tagebucheinträge von Eugen Huber oder handschriftliche Protokolle aus der Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Zugleich ist es möglich, sich auf der Plattform einzuloggen und eventuell fehlerhafte Transkriptionen gleich selbst zu korrigieren.Jeder Beitrag zur Verbesserung der Transkriptionen trägt zugleich zur Verbesserung der hinter der Plattform liegenden Erkennungsmodelle bei.

Fokus Pilotphase: Deutscher Sprachraum

Der Schwerpunkt des Projekts liegt zunächst auf historischen Materialien des schweizerischen, deutschen und österreichischen Rechts. Nach erfolgreicher Pilotphase sollen jedoch noch vermehrt andere Rechtskreise erschlossen. Neu hinzugetreten ist nun etwa bereits eine Edition zum Polnischen Obligationengesetzbuch aus dem Jahre 1933.

Auch wenn es sich bei der Plattform «iurisprudentia» um eine Laborversion handelt, die in einem noch sehr frühen Entwicklungsstadium veröffentlicht wurde, ist ein deutlicher Mehrwert bereits erkennbar – nicht zuletzt, wenn man an die häufig nur beschränkte Zugänglichkeit von Bibliotheken und Archiven denkt.

Prof. Dr. jur. Walter Boente, Gastautor