
Der Mensch nach der Tragödie – hundert Jahre Friedrich Dürrenmatt
Ringvorlesung der Kommission UZH Interdisziplinär (UZH-i)
Die Ringvorlesung nimmt den hundertsten Geburtstag Friedrich Dürrenmatts zum Anlass, über die Anthropologie des bedeutendsten Schweizer Dramatikers des 20. Jahrhunderts nachzudenken. Ausgehend von seiner in den «Theaterproblemen» (1955) gefällten Diagnose, derzufolge uns in einem Zeitalter der kollektiven Schuld bzw. kollektiven Unschuld nur noch die ‹Komödie beikommt›, soll Dürrenmatts Schaffen als Versuch verstanden werden, den Menschen nach der Tragödie zu erforschen.
Dürrenmatts Erkenntnisinteresse gilt einer Welt, die nicht mehr den Regeln gehorcht, die die abendländische Dramaturgie für sie einmal aufgestellt hatte. An die Stelle einer Kollision von Zwecken treten «Pannen», aus Märtyrerdramen werden «Stürze». Herkuleische Heldentaten versickern in Parlamentsdebatten, aus Richard III. wird «Frank der Fünfte». Das komische Zeitalter, von dem dieses Werk kündet, schleppt seinen tragischen Schatten immer noch mit sich, entwickelt aber ein skurriles Eigenleben. Die Vorlesung folgt Dürrenmatt auf seiner Expedition durch die nachtragische Welt. Zu Wort kommen dabei neben Wissenschafterinnen und Wissenschaftern unterschiedlicher Disziplinen auch Autorinnen und Autoren einer dem dürrenmattschen Säkulum immer noch verpflichteten Gegenwart.
Programm
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11.3.2021, 18:15: Dürrenmatts Pannen
Dr. Sebastian Meixner, Deutsches Seminar, Universität Zürich; -
18.3.2021, 18:15: «… über das Negative das Ethische erreichen.» Dürrenmatts Ästhetik des Indirekten
Dr. Marta Famula, Universität Paderborn; -
25.3.2021, 18:15: Dichtung als naturwissenschaftliches Lehrstück – Dürrenmatt und die Physiker
Prof. Dr. Rainer Wallny, Department of Physics, ETH Zürich; -
15.4.2021, 18:15: Ritual und Subjekt in Dürrenmatts tragischer Komödie «Der Besuch der alten Dame»
Dr. Saskia Fischer, Universität Hannover; -
22.4.2021, 18:15: Dürrenmatts Götter
Dr. Andreas Mauz, Theologisches Seminar, Universität Zürich; -
29.4.2021, 18:15: Das Ungeschriebene. Gedanken zu Dürrenmatts «Stoffen»
Melinda Nadj Abonji, Schriftstellerin, Zürich; -
6.5.2021, 18:15: Fortlaufende Reflexe des Antik-Tragischen – Dürrenmatt liest Kierkegaard
Prof. Dr. Klaus Müller-Wille, Deutsches Seminar, Universität Zürich; -
10.5.2021, 18:15: Diskussion: Dürrenmatt als Herausforderung für das Gegenwartstheater
Simon Strauss, Frankfurter Allgemeine Zeitung, und Roger Vontobel, Stadttheater Bern; -
20.5.2021, 18:15: Bärlachs Wette – Schuld, Strafe und Gerechtigkeit bei Dürrenmatt
Prof. Dr. Matthias Mahlmann, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Zürich; -
3.6.2021, 18:15: Weiblichkeit und Rache – oder wie Dürrenmatt fast eine Chance verpasste
Martina Clavadetscher, Schriftstellerin, Brunnen;