Die
Krawalle
im
Urteil
der
Presse
Das
Soziologische
Institut
der
Universität
Zürich
untersuchte
die
Zeitungsberichte
über
die
Zürcher
Unruhen
-
Welche
vorläufigen
Schlüsse
sind
daraus
zu
ziehen?
Presse
und
die
Krawalle
-
das
ist
für
viele
der
Beteiligten
und
Verantwortlichen
ein
beinahe
unerschöpfliches
Thema:
Politiker,
Jugendliche,
Redaktoren,
Reporter
und
Leser,
kurz,
jene
"Faktoren",
die
sich
dem
unbestimmten
Begriff
"Oeffentlichkeit"
zuordnen
lassen,
setzten
sich
von
ihrem
jeweils
mehr
oder
weniger
subjektiv
bestimmten
Standort
aus
mit
den
Ereignissen
vom
29./30.
Juni
auseinander.
Das
Ergebnis
dieser
Auseinandersetzung
besteht
aus
einer
Vielfalt
von
Meinungen;
sie
lassen
sich
auf
keinen
gemeinsamen
Nenner
bringen,
und
sie
illustrieren,
wie
gefährlich
und
zugleich
unzutreffend
manche
Kommentare
mit
dem
Begriff
der
Oeffentlichkeit
umgehen,
wenn
man
ihr
pauschal
diese
oder
jene
Reaktion
zuschreibt.
Ebenso
unzureichend
sind
auch
jene
Verallgemeinerungen,
die
sich
jeweils
dann
recht
flink
einstellen,
wenn
die
Presse
schlechthin
als
Sündenbock
für
irgend
ein
missliebiges
Geschehen
herhalten
muss.
Gerade
im
Zusammenhang
mit
den
Zürcher
Unruhen
wurde
ihr
-
und
da
eine
Verallgemeinerung
selten
allein
kommt,
den
sogenannten
Massenmedien
en
bloc
-
vorgeworfen,
sie
hätte
den
Ereignissen
eine
übertriebene
Aufmerksamkeit
gewidmet.
Wer
möchte
sich
in
einer
solchen
Situation
zum
Richter
aufspielen,
zum
Weisen,
der
aus
olympischer
Ferne
das
abschliessende
und
gerechte
Urteil
sprechen
könnte?
Vielleicht
ist
das
einigen
unverzagten
Ideologen
oder
einigen
landläufig
bekannten,
berufsmässigen
Kulturpessimisten
hüben
und
drüben
möglich
-
aber
das
ist
nun
angesichts
der
Komplexität
des
Geschehens
möglicherweise
bereits
irrelevant.
Die
Soziologen
haben
das
Wort
Eine
nüchtern-distanzierte
Stellungnahme
aus
dem
Blickwinkel
der
Soziologen
kann
im
jetzigen
Augenblick
nur
willkommen
sein.
Sie
darf,
wenn
sie
mit
methodischer
Sorgfalt
erarbeitet
wird,
den
unbestreitbaren
Vorteil
für
sich
in
Anspruch
nehmen,
fern
von
Emotionen
einen
klärenden
Beitrag
zu
umstrittenen
Fragen
zu
leisten.
Die
"Inhaltsanalyse
der
Zeitungsberichte
über
die
Zürcher
Unruhen
vom
29.
Juni
1968
bis
1.
Juli
1968"
wurde
vom
Soziologischen
Institut
der
Universität
Zürich
im
Auftrag
des
Gottlieb-Duttweiler-Institues
an
16
Zeitungen,
darunter
allen
zürcherischen,
durchgeführt
und
liegt
in
einem
hektographierten,
70seitigen
Bericht
vor.
Sie
trägt
-
nicht
nur
äusserlich
-
den
Charakter
des
Vorläufigen.
Eine
Rückfrage
im
Soziologischen
Institut
ergab
aber,
dass
das
aufgearbeitete
Material
noch
genauer
interpretiert
und
ausgewertet
werden
soll.
Diese
Prämisse
ist
für
das
Verständnis
und
den
Sinn
des
vorliegenden
Berichtes
von
einiger
Bedeutung:
Obwohl
das
Inhaltsverzeichnis
eine
quantitative
Untersuchung,
eine
Verbalanalyse,
eine
Textanalyse
und
eine
Bildanalyse
ankündigt,
muss
sich
der
Leser
mit
einem
Minimum
an
Interpretationshilfe
in
der
umfangreichen
Studie
zurechtfinden;
man
wird
es
der
unter
Zeitdruck
entstandenen
Arbeit
nachsehen
müssen
und
um
so
mehr
auf
deren
endgültige
Form
gespannt
sein.
Daneben
oder
in
die
Mitte
getroffen?
Um
die
rhetorische
und
-
in
der
heutigen
Situation
mindestens
verfrühte
-
Frage
"Daneben
oder
in
die
Mitte
getroffen?"
zu
beantworten,
lohnt
sich
vor
allem
eine
kurze,
zusammenfassende
Darstellung
der
Textanalyse:
In
der
allgemeinen
Zusammenfassung
hält
der
Bericht
fest,
dass
in
bezug
auf
die
Gewaltanwendung
bei
den
Krawallen
ebenso
häufig
ihr
Beginn
durch
die
Polizisten
wie
durch
die
Demonstranten
geschildert
wird.
Als
Ursache
der
Demonstration
werde
am
häufigsten
politische
Verhetzung,
Aufwiegelung,
Provokation
und
Randalierlust
angeführt;
daneben
zeige
sich
jedoch
deutlich
eine
Kommentierung,
die
das
Schwergewicht
auf
die
Vernachlässigung
der
Bedürfnisse
der
Jugend
legt.
Das
Pro
und
Contra
Polizei
hält
sich
beinahe
die
Waage.
Eine
Analyse
der
Leserbriefe
ergab
überwiegend
eindeutig
Forderungen
gegen
die
Demonstranten.
Auf
Grund
der
deskriptiven
Wiedergabe
des
Materials
gelangt
der
Bericht
in
knappen
Charakterisierungen
der
einzelnen
Zeitungen
zu
folgenden
Resultaten:
"Die
Berichterstattung
der
'Neuen
Zürcher
Nachrichten'
sieht
die
Ursache
der
Ereignisse
in
der
politischen
Verhetzung,
im
Versagen
der
Erziehung
und
in
kulturellen
Motiven.
Die
Aktionen
der
Bevölkerung
sind
zweigeteilt:
Einerseits
in
Stellungnahmen
für
die
Polizei
und
gegen
die
Demonstranten,
andererseits
in
Stellungnahmen
und
Forderungen
gegen
die
Polizei
und
für
die
Demonstranten."
Diese
lakonische
Auskunft
"provoziert"
selbstverständlich
sowohl
den
Leser
wie
Redaktoren
zu
unterschiedlichsten
Interpretationen;
der
Fingerzeig
ist
aber
immerhin
deutlich
genug,
um
zu
erkennen,
dass
es
sich
für
alle
Betroffenen
um
ein
komplexes
Problem
handelt,
dessen
Schlüssel
nicht
einfach
zur
Hand
ist.
Um
Vergleiche
mit
anderen
Zeitungen
zu
ermöglichen,
seien
zwei
Beispiele
angeführt:
"Der
'Tages-Anzeiger'
berichtet
sehr
umfangreich
über
die
Ereignisse,
ohne
dass
ein
eigentliches
Schwergewicht
festgestellt
werden
kann."
Und:
"Das
'Vaterland'
betrachtet
das
Aktionskomitee,
die
FSZ
und
die
PdA
als
Initianten
der
Ereignisse.
Die
Aktionen
der
Demonstranten
liegen
in
der
Stellungnahme
gegen
die
bestehende
Gesellschaftsstruktur,
in
der
Aufwiegelung
und
im
Einsatz
von
Wurfgeschossen
gegen
die
Polizei.
Die
Aktionen
der
Behörden
bestehen
in
der
Bejahung
der
bestehenden
Gesellschaftsstruktur.
Die
speziellen
Reaktionen
beziehen
sich
auf
den
Ruf
nach
Ruhe
und
Ordnung,
nach
dem
Unbehagen
über
die
allgemeine
Irrationalisierung
und
der
Forderung
nach
Beibehaltung
des
gesellschaftlichen
Status
quo."
Hier ist das Foto abgebildet.
Die
"Zürcher
Unruhen"
-
wie
die
Ereignisse
vom
29.
und
30.
Juni
geschichtsbuchreif
genannt
werden
-
haben
Fragen
aufgedeckt,
die
jetzt
aus
vielfältigen
Aspekten
heraus
beantwortet
werden
müssen.
Als
grösstes
Hindernis
legen
sich
dabei
in
unseren
alltäglichen
Urteilen
jene
Verallgemeinerungen
in
den
Weg,
die
beispielsweise
der
Jugend
-
oft
bloss
auf
Grund
äusserer
Attribute
-
pauschale
Verdächtigungen
unterschieben:
So
spontan
sie
sich
in
Aktionen
für
die
Not
leidender
Menschen
einsetzt
-
hier
werden
sorgfältig
Unterschriften
unter
eine
Petition
zugunsten
Biafras
gesetzt
-,
so
spontan
und
zugleich
bewusst
gestaltet
sich
auch
das
Verhältnis
der
Jugend
zu
der
Gesellschaft,
in
der
sie
lebt.
(Photo:
Heinz
Dieter
Finck)