Nein,
so
geht's
nicht!
Vom
weltweiten
Erwachen
der
Studenten,
Mittelschüler
und
jugend-
lichen
Arbeiter
und
Angestellten
wird
auch
die
Schweizer
Jugend
be-
rührt.
In
den
obern
Klassen
unserer
Volksschule,in
den
Gewerbeschulen,
den
Mittelschulen
und
Universitäten
kommt
diese
Bewegung
besonders
deutlich
zum
Ausdruck.
Damit
wird
auch
der
Lehrkörper
unserer
Schul-
anstalten
in
den
Sog
dieser
Strömung
hineingerissen.
Es
ist
naheliegend,
daß
sich
die
Schweizerische
Lehrer-
zeitung
mit
dieser
Erscheinung
be-
schäftigt.
In
deren
Ausgabe
vom
20.
Juni
finden
wir
denn
auch
die
diesbezügliche
Frage:
"Darf
die
Leh-
rerzeitung
abseits
stehen?"
Im
redaktionellen
Vorwort
schreibt
Paul
Binkert,
Lehrer
in
Wettingen:
"Die
Diskussion
um
die
Erneuerung
unserer
Gesellschaftsstruktur
wird
am
stärksten
von
der
Jugend
ge-
tragen,
sie
lehnt
sich
naturgemäß
gegen
das
"Parteiunwesen",
gegen
das
traditionsgebundene
Bildungs-
wesen
und
gegen
die
von
Men-
schen
gelenkten
"höheren
Mächte"
auf
.
Und
im
weitern:
"Ehrliches
Ge-
spräch,
kühne
Versuche
und
radi-
kale
Umstellungen
sind
fällig.
Es
muß
etwas
geschehen."
Redaktor
Paul
Binkert,
wahr-
scheinlich
ein
aufgeschlossener
Mensch,
spürt
den
Pulsschlag
der
Zeit.
Es
ist
darum
nicht
verwunder-
lich,
daß
sich
15-
bis
16jährige
Schü-
ler
mit
der
Bitte
an
ihn
wandten,
ihnen
zu
helfen.
"Sie
möchten
mit-
einander
und
mit
einem
Lehrer
Probleme
unserer
Zeit
gründlich
dis-
kutieren,
sie
möchten
sich
eine
Mei-
nung
bilden
können
über
die
we-
sentlichen
Fragen
unserer
Gesell-
schaft.
Aber
es
gehe
nicht
darum,
vom
Lehrer
als
Lehrer
ein
fertiges
Rezept
angepriesen
zu
bekommen
-
man
liefere
ihnen
sonst
schon
zuviel
Vorgekautes
und
traue
ihnen
ein
ei-
genes
Urteil
nicht
zu."
Daß
sich
die-
ser
Lehrer
und
Redaktor
ernsthaft
und
selbstkritisch
mit
diesen
Anlie-
gen
beschäftigt,
beweist
nachstehen-
de
Frage:
"
Haben
wir
Aelteren
heute
die
Weitsicht,
das
zu
tun,
was
für
den
Aufbau
einer
friedlichen
Welt
dringend
nötig
wäre,
haben
wir
den
Mut
zu
gesunden
Reformen,
bevor
uns
die
Straße
zu
unheilvollen
Zu-
geständnissen
zwingt?"
Er
ersuchte
seinen
Kollegen
Hans
Keller,
die
Diskussion
über
die
plötzlich
bren-
nend
gewordenen
Jugendprobleme
in
der
Lehrerzeitung
einzuleiten.
Hans
Kunz
nahm
einen
Zeitungs-
artikel
des
Burgdorfer
Gymnasiasten
Martin
Schwander
als
Ausgangs-
punkt
zu
einer
ersten
Meinungs-
äußerung.
M.
S.
zeigt
in
seinem
Artikel
kurz
und
eindrücklich
die
Anliegen
der
"Progressiven
Mittelschüler"
auf.
Es
geht
ihnen
um
die
Verteidigung
des
Interesses
der
Schüler
gegenüber
dem
autoritären
Machtapparat
der
Verwaltung.
Sie
sind
der
Meinung,
daß
"weder
die
Primarschule,
in
der
die
systematische
Verbürgerlichung
der
Jugend
betrieben
wird,
weder
die
Sekundarschule
noch
das
Gymnasium
einen
nützlichen
Beitrag
zur
demokratischen
Bewußtseinsbildung
und
zu
einem
vernünftigen
Aufbau
leisten."
Das
sind
natürlich
ketzerische
Ansichten,
die
bei
einem
altbewährten,
fleißigen,
seinen
Pflichten
getreulich
erfüllenden
Schulmeister
von
eidgenössischem
Schrot
und
Korn
die
Zornadern
anschwellen
lassen.
Sie
werden
zum
Platzen
gebracht,
wenn
es
im
Schwanderschen
Artikel
weiter
heißt:
Wir
verlangen
deshalb
vor
allem:
Umbau
der
Schulen
von
Zuchtanstalten
für
die
Industrie
und
Wirtschaft
zu
Stätten
der
Bewußtseinsbildung,
verbindliches
Mitspracherecht
von
Schulräten
an
allen
Entscheidungen
der
Schulen,
Einfluß
der
Schülerräte
auf
Anstellung
von
Lehrkräften,
Möglichkeit
der
Kritik
an
Lehrern,
Befreiung
der
Schulkommission
aus
der
Hand
der
traditionellen
Parteien,
stufenweiser
Abbau
des
autoritären
Unterrichts,
Förderung
der
Diskussion
mit
Vertretern
der
fortschrittlichen
Jugend
außerhalb
der
Schule,
totale
Enttabusierung
des
Geschlechtlichen.
Zu
diesen
Auffassungen
und
Thesen
nimmt
nun
Hans
Kunz
(H.
K.)
Stellung.
Unter
"Zuerst
das
Positive"
findet
er
erfreulich,
daß
sich
die
Jugend
regt
und
nicht
widerstandslos
am
Gängelband
führen
läßt.
Er
wendet
sich
dagegen,
daß
unerwünschte
Diskussionen
abgewürgt
werden.
Es
bestreite
niemand,
daß
im
Schul-
und
Erziehungswesen
Mängel
bestehen.
Auch
bezüglich
der
Schulkommission
erklärt
er
sich
mit
M.
S.
respektive
den
Progressiven
Mittelschülern
einverstanden.
Nach
dem
freundlichen
und
scheinbar
verständnisvollen
Lächeln
kommt
unter
der
Ueberschrift
"Bedenken
und
Fragen"
das
wahre
Gesicht
H.
Ks.
zum
Vorschein.
Nun
donnert
er
los:
"Zum
geistigen
Handwerk
gehört
die
Beherrschung
der
Muttersprache,
der
klare
Ausdruck,
die
begrifflich
saubere
Umschreibung
dessen,
was
man
fordert.
Was
uns
M.
S.
aber
vorsetzt,
ist
kein
Programm,
sondern
ein
bemühendes
Pamphlet,
das
tiefer
gehängt
werden
muß!
...Seine
Sprache,
aber
auch
die
seiner
Vor-
und
Mitläufer,
beweist
eine
erschreckende
Unreife
und
Blasiertheit.
Die
absolute
Unfähigkeit
zum
klaren
Ausdruck
wird
ersetzt
durch
Phrasen,
durchzogen
mit
widerlichen
Amerikanismen,
wie
go-in,
sit-in
usw."
Sein
Zorn
verleitet
H.K.
zu
boshaften
Behauptungen
und
Unterschiebungen.
M.
S.
drückt
sich
durchaus
klar
und
verständlich
aus.
Sein
Artikel
enthält
keine
Phrasen,
sondern
klare
Forderungen.
Er
enthält
keinen
der
ihm
untergeschobenen
Amerikanismen.
M.
S.
behauptet
auch
nicht,
im
Namen
aller
Schulen
zu
schreiben,
wie
im
weiter
unterschoben
wird.
Nachdem
der
wohlbestallte
Herr
Lehrer
den
armen
Gymnasiasten
als
Phraseur,
Pamphletisten
und
Sprachverhunzer
verächtlich
gemacht
hat,
versucht
er,
ihn
durch
Wortklaubereien
und
läppische
Fragen
auch
noch
lächerlich
zu
machen.
Zuerst
prügelt
man
den
Jungen,
um
ihn
nachträglich
noch
zu
verspotten.
Die
Auslassungen
H.
Ks.
werden
die
Progressiven
Mittelschüler
und
M.
S.
kaum
stark
berühren,
verraten
sie
doch
nur
eine
bedauerliche
Verständnislosigkeit
den
dringendsten
Jugendproblemen
gegenüber.
Fregg