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Jahrespreis 2008 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät

Marc Splisgardt

Auf Antrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät verleiht die Universität Zürich einen Jahrespreis an Dr. iur. Marc Splisgardt für seine Dissertation «Widerrechtlichkeit von klinischen Obduktionen».

Die Dissertation «Widerrechtlichkeit von klinischen Obduktionen» bearbeitet ein ethisch und rechtlich schwieriges gesellschaftspolitisches Thema. Die klinische Obduktion ist die letzte ärztliche Handlung im Rahmen der medizinischen Behandlung der Patientinnen und Patienten. Der Verfasser meistert es vorbildlich, die uneinheitliche Rechtslage darzustellen, einen Rechtsvergleich mit ausgewählten Staaten durchzuführen und unter Einbezug der involvierten Fachkreise de lege ferenda ein den heutigen Bedürfnissen angepasstes, zukunftsoffenes Konzept zur einheitlichen Regelung von klinischen Obduktionen zu entwerfen.

Seit es die medizinische Wissenschaft gibt, setzen sich die Ärzte für die Durchführung von klinischen Obduktionen ein. Diese Eingriffe stellen nach wie vor einen bedeutsamen Eckpfeiler der medizinischen Lehre, Forschung und Qualitätssicherung dar.

Der ethisch und rechtlich korrekte Umgang mit dem menschlichen Leichnam ist verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen. Dies zeigt sich insbesondere im Bereich der Transplantationsmedizin, der Plastination von menschlichen Körpern und Körperteilen, an Crash-Tests mit in Fahrzeugen positionierten Leichen in der Unfallforschung sowie an die Forschung mit hirntoten Patienten. In jüngerer Zeit haben zudem Fragen zur Zulässigkeit von (klinischen) Obduktionen sowie weiteren Handlungen im Rahmen dieser Eingriffe an Brisanz gewonnen.

Die Arbeit untersucht die rechtlichen Grundlagen für Obduktionen in der Schweiz, welche aufgrund der kantonalen Hoheit im Gesundheitswesen besonders vielfältig sind. Der Schwerpunkt liegt bei der klinischen Obduktion, die in der heutigen Medizin trotz moderner diagnostischer Untersuchungsmethoden weiterhin unentbehrlich ist, z.B. bei der Erforschung von neuen Krankheiten und der Beurteilung der Wirksamkeit von Medikamenten. Dennoch ist in den letzten Jahren die klinische Obduktionsrate in den Spitälern der Schweiz stark gesunken. Von Seiten der Ärzteschaft wird befürchtet, dass der medizinische Fortschritt wegen der tiefen Obduktionsfrequenz aufgehalten oder infolgedessen der medizinische Standard in naher Zukunft nachlassen wird. Dennoch ist der Eingriff in die Leiche bis heute unter ethischen und rechtlichen Aspekten schwierig, die heiklen Fragen sind weit gespannt. Der Autor setzt sich eingehend mit dem Themenkreis auseinander, ob die jetzige Rechtslage ausreichende Regelungen bietet und welche Änderungen de lege ferenda nötig sind. Im Rahmen dieser Untersuchung werden neben medizinischen Fragen auch gesundheitspolitische, soziale, ethische sowie religiöse Aspekte berührt.