Die UB Zürich «zu Tisch»: BiblioWeekend 2024

Die UB Zürich «zu Tisch»: BiblioWeekend 2024

Am diesjährigen BiblioWeekend lud die UB Zürich zu verschiedenen Vorträgen, Ausstellungen und Spielen rund ums Thema Essen ein. Sie veranschaulicht damit ein weiteres Mal, wie Universitätsbibliotheken als «Dritte Orte» funktionieren können.

Als Initiative des Schweizer Bibliotheksverbands «Bibliosuisse» stehen jährlich am BiblioWeekend die Bibliotheken für ein ganzes Wochenende im Mittelpunkt. Schweizweit öffnen sie ihre Türen für alle interessierten Bevölkerungsgruppen und präsentieren sich als lebendige «Dritte Orte».

Ziel ist dabei einerseits dem Publikum während 3 Tagen die Möglichkeit zu bieten, verschiedene Bibliotheken als Zentren der sozialen Interaktion und Gemeinschaftsbildung zu entdecken. Andererseits sollen damit auch die Entscheidungstragenden in der Politik auf die Bedeutung von offenen Bibliotheken sensibilisiert werden.

Unter dem Thema «zu Tisch!» fand das BiblioWeekend dieses Jahr vom 22. bis 24. März statt. Auch die Universitätsbibliothek Zürich leistete einen Beitrag zur dritten Ausgabe des BiblioWeekends, indem sie am Freitag ein vielseitiges Programm mit Vorträgen, Workshops, Ausstellungen, Diskussionsrunden und Degustationen anbot.

BiblioWeekend Programm der UB Zürich am 22. März 2024
Gestartet wurde mit einem gemütlichen Frühstück

Von Foodporn, Shakespeare, Honigkunde und koreanischer Popkultur

Gemeinsam zu Tisch

«Gemeinsam zu Tisch» hiess der Round Table mit Vertreterinnen und Vertretern der Empirischen Kulturwissenschaft und der Sozialanthropologie. Beim gemütlichen Frühstück sassen wir zusammen und erfuhren von Laila Gutknecht, Bernhard Tschofen und Heinz Käufeler viel Wissenswertes rund um Nahrung und Essen von traditionellen Themen wie Nahrungstabus hin zu modernen Fragen rund um Genderstereotype bei Ernährungsformen hin zu Food Porn. Kopf und Bauch wurden gesättigt.

Cultured, crawling, or grown: Meat-eater’s acceptance of alternative proteins

Auf charmante Art stellte uns Fabienne Michel, Dozentin an der ETH Zürich, ihren Forschungsschwerpunkt hinsichtlich der Akzeptanz von Proteinquellen jenseits des Fleisches vor. Besonders überraschend war die Erkenntnis, dass, bei überschaubarem Proteingehalt, Kartoffeln als Proteinquelle eine weitreichende Akzeptanz hätten. Im Anschluss folgte ein schmackhaftes 3-Gänge-Mittagessen mit der Möglichkeit zur Degustation von Fleischersatzprodukten.

Buchvorstellung: Streicheln oder Schlachten

Am Nachmittag fand die Buchvorstellung «Streicheln oder Schlachten: Warum unser Verhältnis zu Tieren so kompliziert ist – und was das über uns aussagt» sowohl in der Binzmühlestrasse als auch online statt. Professor Marcel Sebastian von der TU Dortmund fasste die wichtigsten Aussagen seines Buches zusammen. Die Probleme im Mensch-Tier-Verhältnis sind politisch relevant, da die industrielle Landwirtschaft einen großen Anteil an Treibhausgasemissionen ausmacht, während Nutztiere objektiviert und Haustiere zunehmend personifiziert werden. Eine mögliche Lösung für diese Ungleichbehandlung könnte in der Einführung einer Staatsbürgerschaft für Tiere liegen.

«The Game’s Afoot»: Sit Down at Table with Cake and Shakespeare Games

Von 14-17 Uhr veranstaltete die UB Anglistik einen Spielenachmittag. Die Spielauswahl drehte sich hauptsächlich um das Thema Shakespeare, aber es gab auch Spiele zu anderen Themen des englischen und irischen Kulturkreises. Die Besuchenden wurden mit verschiedenen Kuchen, Kaffee und Cream Tea (eine englische Spezialität: selbstgebackene Scones, clotted cream und Erdbeermarmelade, dazu natürlich englischer Tee) verwöhnt. Unter den circa 20 Teilnehmenden befanden sich Bibliothekskollegen, Studis, Mitarbeiterinnen des englischen Seminars und externe Besucher*innen. Beliebt war «Great Shakespearean Deaths», wahrscheinlich aufgrund des Unterhaltungswerts und der Einfachheit, «Next Station London» und ein paar einfachere Klassiker. Es hat grossen Spass gemacht und die Stimmung war entspannt und lustig.

Spielenachmittag in der UB Anglistik
Cream Tea und selbstgebackene Scones

Aus dem Honigtopf ethnologischer Forschung

Summ summ summ. Mit diesem freundlich sommerlichen Klangteppich begrüsste Aline von Atzigen die Teilnehmenden zu «Aus dem ethnologischen Honigtopf» und stimmte gleich auf das Thema ein: Bienen, Honig und die Imkerei, bei der in einer spezifischen Tier-Mensch Beziehung dieses Naturprodukt geerntet wird. Viele Bilder und acht Honigtöpfe hat uns Aline von Atzingen zu ihrem mitreissenden und konkret veranschaulichenden Einblick in ihre ethnologische Feldforschung zur Wanderimkerei in China und Frankreich mitgebracht und uns Zuhörenden im Handumdrehen in ihren Bann geschlagen. Viel Neues haben wir gehört und insbesondere regionale Unterschiede und Traditionen kennen gelernt. Beim abschliessenden Wettbewerb, die Honigtöpfe durch eine Kostprobe zuzuordnen – Lavendel- und Rosmarinhonig aus der Provence, chinesischer, korsischer und marokkanischer Honig, Tessiner Kastanienkonig, Zürcher Stadthonig und Honig aus dem Zürcher Oberland – kamen die feinsten Gaumen unter den Teilnehmenden auf vier Treffer und durften als Preis ihren Lieblingshonig mitnehmen. Zukünftig werden wir Honig mit mehr Sachverstand und Genuss zu würdigen wissen.

At the table of influence: Exploring South Korean Soft Power through Culinary Cinematics

Mit 32 Teilnehmenden war der Vortrag «At the Table of Influence: Exploring South Korean Soft Power through Culinary Cinematics» von Pia Böhme, Liaison Librarian Politikwissenschaft, ein erfolgreicher Abschluss des BiblioWeekend-Programms seitens der UB. Böhme präsentierte spannende Einblicke in die südkoreanische Kulturdiplomatie anhand der weltweit wachsenden Beliebtheit koreanischer Popkultur. Doch die Veranstaltung bot nicht nur intellektuellen Mehrwert, sondern ermöglichte auch eine sinnliche Erfahrung, da die Teilnehmenden beim anschliessenden Apéro in der Olivenhalle die Möglichkeit hatten, koreanische Snacks und Getränke zu probieren und weiter zu diskutieren.

Ausstellungen

Ganztags hatte man die Möglichkeit an 3 UB-Standorten verschiedene Ausstellungen zu besuchen. Nebst Koch- und Bilderbüchern in der UB Germanistik und Skandinavistik und der UB Erziehungswissenschaft wurden ebenfalls zwölf Nobelpreisträger:Innen für ihr «Geschick und Geschmack» in einer kleinen Ausstellung in der UB Slavistik gewürdigt.

Honigkunde mit Ethnologin Aline von Atzingen in der UB Kommunikationswissenschaft
At the table of influence mit Pia Böhme, Liaison Librarian Politikwissenschaft

Wissenschaft und Gesellschaft vernetzen

Universitätsbibliotheken scheinen als «Dritter Ort» oftmals noch unnahbar, doch sie spielen eine wichtige Rolle im interdisziplinären und gesellschaftlichen Austausch und der Wissensproduktion.

Veranstaltungen wie das BiblioWeekend sprechen ihre Nutzenden intellektuell und sozial an und bieten ihnen eine kreative Abwechslung im akademischen Umfeld. Sie sind ebenso gute Gelegenheiten, der breiten Gesellschaft die Türen zu öffnen und ihnen Raum zur Interaktion zu ermöglichen.

Somit können wissenschaftliche Bibliotheken nicht nur die Verbindung zwischen Forschung und Lehre stärken, sondern auch Wissenschaft und Gesellschaft vernetzen.

Wir blicken auf einen erfolgreichen Tag zurück und sind gespannt, wie sich die UB Zürich fortlaufend als «Dritter Ort» entfalten wird.

Alyah Davis-Moeck, Nutzendendienst