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Gleich und gleich gesellt sich gerne! Aber gilt dies auch für unser Zielstreben?

24. April 2023 | Katharina Bernecker | Keine Kommentare |

Autorinnen: Julia Schäfer & Katharina Bernecker

Quelle: https://www.freepik.com/free-photo/front-view-couple-tennis-court_5198254.htm

Das Sprichwort «gleich und gleich gesellt sich gerne» dürfte den meisten Menschen geläufig sein und die Frage, ob wir uns nun als Partner besser jemanden suchen sollten, der uns ähnlich ist, hat wohl bereits die ein oder andere Diskussion angeheizt. Die Forschung zumindest hat darauf eine klare Antwort: In vielerlei Hinsicht sind Gemeinsamkeiten von Partnern in einer Liebesbeziehung vorteilhaft – beispielsweise, wenn es um Wertvorstellungen und Persönlichkeitseigenschaften geht. Doch gilt dies auch für motivationale Konstrukte wie Ziele oder Bedürfnisse? Verlieben wir uns eher in jemanden, der die gleichen Lebensziele verfolgt wie wir oder der gar die gleichen unbewussten Bedürfnisse hegt? Oder gleichen wir unsere Ziele im Verlauf der Beziehung denjenigen des anderen an? Diesen Fragen gingen Ferdinand Denzinger, Sabine Backes und Veronika Brandstätter (2018) in ihrer Studie nach und verwendeten dafür Daten aus dem PASEZ-Projekt.   

Was wir bereits wussten…

In der populären aber auch der wissenschaftlichen Debatte häufen sich die Argumente, dass Gemeinsamkeiten in verschiedenen psychologischen Merkmalen wie Werten, Einstellungen, Persönlichkeitseigenschaften und Emotionalität zu einer grösseren Zufriedenheit und Stabilität in einer romantischen Beziehung führen. Dies ergibt augenscheinlich Sinn, streben wir als Individuen doch danach mit anderen harmonisch zusammenzuleben, was uns wohl mit uns ähnlichen Individuen besser gelingen mag. Die Forschung zeigt dabei sogar, dass wir mit der Fähigkeit ausgestattet sind, rasch zu bestimmen, wie ähnlich uns das Gegenüber ist und bei positivem Ergebnis dieser Prüfung eher eine Beziehung einzugehen – was man als assortative mating bezichnet. Diese Auswahl betrifft dabei nur die nach aussen präsentierten Eigenschaften des Gegenübers. Anteile der Persönlichkeit, die dem anderen vielleicht sogar selbst nicht wirklich bewusst sind, sind davon ausgenommen, da sie im Gespräch kaum wahrnehmbar sind. Doch auch in diesen eher unbewussten Eigenschaften sollen sich Paare ähneln, jedoch nicht durch assortative mating, sondern über sukzessive Angleichung  – was als convergence bezeichnet wird.

… und was Denzinger und Kollegen (2018) herausfinden wollten

Während der Ähnlichkeitseffekt in Bezug auf verschiedenste psychologische Konstrukte untersucht wurde, stellten sich Denzinger und Kollegen (2018) die Frage, wie es bei unserem Zielstreben aussieht. Suchen wir auch hier jemanden, der uns möglich ähnlich ist? Dies ist hoch relevant – gegeben, dass im Rahmen einer romantischen Beziehung auch gemeinsame Projekte und Herausforderungen gemeistert werden.

Dazu wollen wir einen kurzen theoretischen Ausflug wagen und uns mit der Frage auseinandersetzen, wie sich das menschliche Zielstreben beschreiben lässt. Motivationspsychologen treffen dabei die Unterscheidung in explizite Ziele und implizite Motive. Während uns unsere expliziten Ziele bewusst sind und wir uns auch sprachlich mit anderen darüber austauschen können, sind unsere impliziten Motive grösstenteils unbewusst und werden durch frühkindliche Erziehungserfahrungen und die damit verbundenen Gefühlen geprägt. Explizite Ziele lassen sich ausformulieren und konkretisieren, beispielsweise geht das abstrakte Ziel Anschluss zu finden mit dem konkreteren Ziel einher, am Sonntag mit einem guten Freund zu frühstücken. Implizite Motive wiederum sind uns nicht bewusst und damit auch nicht sprachlich ausformuliert. Sie äussern sich jedoch in einer positiven Stimmung, wenn ein inneres Bedürfnis, zum Beispiel Zuwendung durch andere zu erhalten, befriedigt wird. Mit Anlehnung an die Umgangssprache könnte man sagen, die expliziten Ziele seien das, was unser Kopf sich wünscht, während die impliziten Motive das darstellen, was unser Herz begehrt. Diese expliziten Ziele und impliziten Motive sind dabei interindividuell unterschiedlich – der eine wünscht sich eine steile Karriere, während der andere sich nach einer glücklichen Familie sehnt. Zudem müssen die impliziten Bedürfnisse mit den expliziten Wünschen einer Person keineswegs übereinstimmen, denn oftmals streben wir nicht zwingend nach dem, was wir aus dem tiefsten Inneren begehren. 

Nun wollen wir die Brücke zwischen der Forschung zum Zielstreben und der Ähnlichkeit von Paaren schlagen: Da explizite Ziele gegen aussen kommuniziert werden und Paare sich beim Kennenlernen darüber austauschen können, sollten sie in das assortative mating einfliessen. Und implizite, uns gar unbewusste Motive, über die wir uns zumindest bei einem üblichen Kennenlernen kaum austauschen können, sollten sich mit der Zeit  über convergence denjenigen des anderen annähern.

Wie dies untersucht wurde… 

Fragebogendaten zu den expliziten Zielen und Daten zu den impliziten Motiven wurden  im Rahmen der PASEZ Studie für über 300 Paare mit einer Beziehungsdauer von einem bis sechzig (!) Jahren verglichen. Als aufmerksamer Leser mögen Sie sich nun fragen: Wie wurden unbewusste, implizite Motive erfragt? Dies geschah über die sogenannte Picture Story Exercise (PSE) bei dem die Versuchsteilnehmer Fantasiegeschichten zu standardisiertem Bildmaterial verfassen sollen. Die Bilder sollten die impliziten Motive der Probanden anregen, welche von Ratern wiederum durch die (natürlich streng wissenschaftliche) Kodierung der Geschichten abgeleitet wurden. Aus dem Vergleich der bewussten und unbewussten Zielbestrebungen der Paare konnte dann auf die Ähnlichkeit geschlossen werden. Durch die zusätzliche Berücksichtigung der Beziehungsdauer konnte man ebenfalls bestimmen, ob es sich bei dieser Ähnlichkeit um ein Resultat von assortative mating oder doch eher convergence handelte.

… und was dabei raus kam.

Wollen wir uns nun zuerst den expliziten Zielen zuwenden. Hier haben die Autoren erwartungsgemäss feststellen können, dass die Paare unabhängig von ihrer Beziehungsdauer eine hohe Übereinstimmung in ihren expliziten Zielen bezüglich Leistung, Macht, Anschluss und Intimität aufwiesen. Und die Übereinstimmung in diesen expliziten Zielen nahm mit der Beziehungsdauer auch nicht zu. Diese Resultate sprechen dafür, dass die Übereinstimmung in expliziten Zielen ein wichtiger Aspekt in der Partnersuche darstellt und von Beginn an gegeben scheint –  assortative mating also!

Doch wie schaut es bei den impliziten Motiven aus? Hier fallen die beobachteten Ergebnisse gemischter aus. Wie erwartet, zeigten die untersuchten Paare keine bedeutsamen Übereinstimmungen bezüglich dem implizitem Macht-, Anschuss und Intimitätsmotiv auf, solange der Effekt der Beziehungsdauer nicht mitberücksichtigt wurde. Jedoch zeigten sie Ähnlichkeiten in ihrem impliziten Leistungsstreben. Dies mag wohl daran liegen, dass sich Personen mit ähnlichen Leistungsansprüchen im Alltag häufiger begegnen – sei es nun im Sport oder auch auf der Arbeit und dann auch eher eine Beziehung eingehen. Hingegen konnten die Annahmen in Bezug auf die Annäherung der impliziten Motive eher bestätigt werden. Je länger ein Paar zusammen war, desto ähnlicher waren die impliziten Motive ausgeprägt – convergence!

Einen überraschenden Befund gab es noch: Paare mit einer längeren Beziehungsdauer wiesen stärkere Unterschiede in den expliziten Zielen auf als Paare, die sich noch nicht so lange kannten. Dies könnte möglicherweise durch Generationsunterschiede bedingt sein – bei älteren Paaren mit längerer Beziehungsdauer herrscht möglicherweise eine stärkere Rollenverteilung vor als bei jungen Paaren.

Fazit

Gleich und gleich gesellt sich gerne – zumindest, wenn es um die Ausprägung der expliziten Ziele geht. Denn hier ist ein verbaler Austausch bei den ersten Dates und somit assortative mating möglich. Auf implizite Motive wiederum kann beim Kennenlernen kaum geschlossen werden, sodass hier zu Beginn einer Beziehung wenig Übereinstimmung herrschen wird. Über die Zeit jedoch kommt es zu convergence und Paare nähern sich einander an. Diese Annahmen werden durch die vorliegende Studie gestützt. Beim Treffen sollten sich Paare also ruhig über ihre Ziele austauschen – der Rest folgt dann von selbst!

Dazugehörige Publikation: Denzinger, F., Backes, S., & Brandstätter, V. (2018). Same same but different: Similarity of goals and implicit motives in intimate relationships. Motivation Science, 4(1), 60. https://doi.org/10.1037/mot0000064

Abgelegt unter: Forschungsergebnisse


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