Digital Religion(s): Der Blog

Zwischen Floskeln, Tatsachen und Philanthropie – ChatGPTs Beitrag zu Medien, Kirche und Reputation unter die Lupe genommen

26. September 2023 | Rebekka Sarah Rieser | Keine Kommentare |

In unserem Projekt P12 „Religiöse Organisationen in der Öffentlichkeit. Kommunikation und Reputation in Zeiten des digitalen Wandels“ beschäftigen wir uns mit der medialen Berichterstattung und öffentlichen Meinungsbildung zu Religionen. Wir untersuchen, wie Reputation die Religionen in der Schweizer Medienlandschaft konstituiert wird und welche Reputation die Religionen in der Schweizer Bevölkerung haben. Am Forschungszentrum für Gesellschaft und Öffentlichkeit (fög) erforschen wir insbesondere, welche Herausforderungen und Chancen durch die Digitalisierung entstehen, wie z.B. neue Technologien oder soziale Medien auf die Reputationsbildung Einfluss nehmen. Zurzeit analysieren wir die Wirkung von KI (Künstliche Intelligenz) im Journalismus (lesen Sie dazu mehr in unserer Studie zu KI und Journalismus im kommenden Jahrbuch Qualität der Medien 2023 (erscheint im Oktober)). Das brachte uns auf die Idee, ChatGPT einen Beitrag für diesen Blog schreiben zu lassen. Als prompt (Eingabeaufforderung) gaben wir also an:

Schreib mir einen Artikel zu Medienberichterstattung, Reputation und Kirchen in der Schweiz

Als Antwort kreierte ChatGPT Folgendes:

Zwischen Glauben, Öffentlichkeit und Verantwortung: Medienberichterstattung und die Reputation der Kirchen in der Schweiz

Die Medien spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der öffentlichen Meinung und der Wahrnehmung von Institutionen. Dies gilt insbesondere für religiöse Organisationen wie Kirchen, die eine lange Geschichte und tiefgreifenden Einfluss auf Gesellschaft und Kultur haben. Die Art und Weise, wie die Medien über Kirchen in der Schweiz berichten, kann direkte Auswirkungen auf ihre Reputation und ihren Stellenwert in der Gesellschaft haben.

Dieser erste Abschnitt von ChatGPT stimmt auch mit den Forschungsergebnissen in unserer Wissenschaftsdisziplin überein. Die Medien spielen und spielten eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der öffentlichen Wahrnehmung (vgl. z.B: Lundby et al. 2018; Neumaier, 2018; Coleman et al., 2009) und die Kirchen haben in der Schweiz eine lange Geschichte und einen tiefgreifenden Einfluss auf die Gesellschaft sowie Kultur (vgl. z.B: Arens, 2003).

Eine der vielen Aufgaben von Medien in einer demokratischen Gesellschaft ist es, über Themen und Ereignisse zu berichten und den Menschen zu helfen, sich in den verschiedenen Gesellschaftsbereichen, wie Politik, Wirtschaft, Kunst oder eben auch Religion zu orientieren und Informationen zu erhalten (vgl. z.B.: Dahinden & Wyss 2009; Wyss & Keel 2009). Dabei vermitteln Medien Bilder oder Narrative, die die Menschen in ihrer Meinung beeinflussen und somit die Reputation von sozialen Akteuren (wie beispielsweise Unternehmen oder Kirchen) herausbilden (vgl. Eisenegger, 2005).

Wir haben in repräsentativen Umfragen in den Jahren 2022 und 2023 insgesamt 2444 Personen gefragt, woher ihre Bewertungen der Kirchen in der Schweiz stammen (Reputationsquellen):

Abbildung 1: Reputationsquellen der christlichen Kirchen in der Schweiz 2022/2023. Lesebeispiel: 55% der schweizerischen Bevölkerung bewertet die römisch-katholische Kirche aufgrund eigener Erfahrungen, während die orthodoxe Kirche nur von 13% auf der Grundlage eigener Erfahrungen bewertet wird.

Es zeigt sich, dass nicht-medien-vermittelte Informationen für die Reputation bei den beiden grossen Konfessionen eine grössere Rolle spielen als medienvermittelte Informationen. Doch gerade bei der römisch-katholischen Kirche ist das Bild, das in den klassischen Medien (Zeitung, Radio, TV) vermittelt wird, annährend so wichtig. Dagegen sind für die Reputation die neuen, digitalen Medien (noch) nicht so bedeutsam wie die klassischen Medien.

Die Macht der Medien: Einfluss auf die Reputation

Die Medienberichterstattung über Kirchen in der Schweiz kann die Reputation dieser Institutionen erheblich beeinflussen. Positive Berichterstattung über soziale Projekte, humanitäre Bemühungen oder Gemeinschaftsarbeit kann das Ansehen einer Kirche stärken und sie als eine wertvolle gesellschaftliche Kraft positionieren. Andererseits können negative Berichte über Skandale, interne Konflikte oder Missbrauchsfälle das Vertrauen in die Kirche erschüttern und zu einem Reputationsschaden führen.

Dieser Abschnitt wiederholt, was bereits zuvor gesagt worden ist. Die Medien können beeinflussen, wie Themen oder Akteure wahrgenommen werden (vgl. dazu auch Zerback et al. 2020; McCombs 2005). Dazu werden in der Forschung unterschiedliche Reputationskriterien untersucht. Welche Akteure (einzelne Personen, Amtsträger oder Laien, Kollektive oder Organisationen) sind Gegenstand der Berichterstattung und damit für die Reputation relevant? In welchen Handlungsfeldern werden soziale Akteure bewertet? In Bezug auf welche Funktionen und Funktionserwartungen? Und wer thematisiert was und in welcher Tonalität? In unserem Projekt analysieren wir deshalb nicht nur, welche Meinung die Schweizer Bevölkerung zu den Kirchen und Religionen hat, sondern auch, was die Schweizer Medien über die Kirchen und Religionen berichten.

Wenn wir auf das Jahr 2021[1] zurückblicken, können wir beispielsweise feststellen, dass von 781 Artikel zu christlichen Kirchen in über der Hälfte der Beiträge über die römisch-katholische Kirche berichtet wird:

Abbildung 2: Menge der Berichterstattung über christliche Kirchen in der Schweiz 2021 in den Medientitel NZZ, NZZ am Sonntag, Tages-Anzeiger, Blick, 20 Minuten, Sonntagszeitung, Sonntagsblick, Weltwoche, WOZ, Watson und SRF Online. Codiert wurden alle Artikel zu der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Landeskirchen, den Freikirchen sowie zu den christlich-orthodoxen oder christkatholischen Kirchen. Mit dem Begriff «Kirche allgemein» sind Berichterstattungen gemeint, die sich nicht eindeutig einer Kirche zuordnen lassen. Lesebeispiel: 455 Beiträge bzw. 58% der Berichterstattung in den Schweizer Medien thematisieren die römisch-katholische Kirche.

Des Weiteren können wir dank unserer Analyse sagen, dass die Berichterstattung in diesem Zeitraum über die römisch-katholische Kirche Bereiche wie Personal und kirchliche Verwaltung (Ernennungen, Tod, Jubiläen, Gedenken, Finanzen) sowie Recht (bspw. strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität) und Kultur und Gesellschaft (Auseinandersetzung mit anderen Religionen, nicht-theologische Auffassungen über Gesellschaft) thematisierte:

Abbildung 3: Nennung der Handlungsfelder, über die in den codierten Artikeln über die römisch-katholische Kirche im Jahr 2021 in den Schweizer Medien geschrieben wurde. Lesebeispiel: 203 Artikel der Berichterstattung in den Schweizer Medien zur römisch-katholischen Kirche beschäftigen sich mit dem Thema Personal und Verwaltung.

Transparenz und Offenheit als Schlüssel

Die Medien können Kirchen in der Schweiz dazu ermutigen, transparenter zu sein und sich ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst zu werden. Eine offene Kommunikation über Entscheidungsprozesse, finanzielle Angelegenheiten und Strukturen kann das Vertrauen der Öffentlichkeit stärken. Medien können dabei als Katalysator dienen, indem sie kritische Fragen stellen und auf Transparenz drängen, was wiederum zur Stärkung der Reputation der Kirchen beitragen kann.

An dieser Stelle wird ChatGPT ungenau. Die Aussage, dass Medien die Kirchen ermutigen können, transparenter zu sein und Verantwortung zu übernehmen, ist zu einfach. Es ist fraglich, ob Medien ihre Aufgabe darin sehen, Akteure, über die sie berichten, zu Transparenz und gesellschaftlicher Verantwortung «zu ermutigen». Vielmehr ist es ihre ureigenste Aufgabe, Transparenz herzustellen und gesellschaftliche Verantwortung einzufordern.

Das Schweizer Recht setzt den Tätigkeiten von Religionsgemeinschaften bereits Rahmenbedingungen (vgl. Pahud de Mortanges 2014). Insbesondere müssen die Religionsgemeinschaften bestimmte Voraussetzungen einhalten, um öffentlich-rechtlich anerkannt zu werden. So kommen für die Kirchen, wie die römisch-katholische oder die evangelisch-reformierte Kirche, die den Status einer Landeskirche haben, zusätzliche rechtliche Pflichten hinzu. Dies wird über das Staatskirchenrecht geregelt. Die Souveränität obliegt den Kantonen. Landeskirchen dürfen beispielsweise Steuern bei ihren Mitgliedern und bei Unternehmen erheben, gleichzeitig müssen die Kirchen je nach Kanton aber auch demokratische und partizipative Strukturen aufweisen, zivilgesellschaftliche Funktionen übernehmen sowie dem Staat transparente Einsichten in ihre Finanzen geben (vgl. z.B: Pahud de Mortanges, 2012, 2014). Massenmedien haben innerhalb einer Demokratie vor allem die Funktion eines «Watchdogs», sprich machtinnehabende und -ausführende Akteure und Institutionen als sogenannte vierte Gewalt zu beobachten und über ihre Handlungen zu informieren (vgl. z.B: Drüeke, 2018; Schneider, 2022).  Das bedeutet, dass Kirchen oder Religionsgemeinschaften unter medialer «Beobachtung» stehen. Mit investigativem Journalismus können Missbrauch und Rechtsverletzungen aufgedeckt oder thematisiert werden. Dazu kommt, dass Medien öffentliche Meinungen beeinflussen, und vermehrte thematische Aufmerksamkeit, beispielsweise mit einer erhöhten Berichterstattung, generieren können (vgl. z.B: Zerback et al. 2020; Boydstun et al. 2014). Es kann also gesagt werden, dass Medien über eine spezifische Autorität und Druckmittel verfügen, wenn es um Akzeptanz und Legitimität von Akteuren oder Institutionen geht. Dennoch bleibt es letztendlich den Medien überlassen, wen sie beobachten oder über welche Inhalte sie in welcher Art berichten – dies natürlich unter der Einhaltung des Schweizer Medienrechts (vgl. Medienrecht, bfs.admin.ch, [Stand: 05.09.2023]).

ChatGPT spielt des Weiteren darauf an, dass Transparenz und Offenheit der Schlüssel für eine gute Reputation sind.  Dazu gibt es unterschiedliche theoretische Ansätze. Generell würden wir die Aussage bestätigen, dass eine offene Kommunikation für eine gute Reputation hilfreich ist.  Vertrauen ist allerdings ein weiteres theoretisches Konzept, das nicht allein von Transparenz und Offenheit abhängig ist (vgl. dazu bspw. Hoffjann & Seidenglanz 2018).

In unserem Projekt verstehen wir Reputation als ein dreidimensionales Konzept:

  • Die funktionale Reputation: erfüllt der oder die soziale Akteur:in den für sie gedachten Zweck respektive Funktion?
  • die soziale Reputation: befolgt oder hält der oder die soziale Akteur:in Werte und Normen ein?
  • und die expressive Reputation: handelt der oder die soziale Akteur:in authentisch?

Die Definition von Zweck und Funktion, Werte und Normen sind derweil von der Umgebung und den Referenzakteur:innen des sozialen Akteurs oder der sozialen Akteurin abhängig. Eine offene Kommunikation und Transparenz können also helfen, dass die Referenzakteur:innen diese drei Dimensionen mit einem «ja oder erfüllt» beantworten.

Herausforderungen für die Medien: Balance zwischen Kritik und Respekt

Die Medien stehen vor der Herausforderung, eine ausgewogene Berichterstattung über Kirchen in der Schweiz zu gewährleisten. Einerseits ist es ihre Aufgabe, kritische Themen anzusprechen, wie beispielsweise Fälle von Missbrauch oder ethische Dilemmata. Andererseits sollten sie den Glauben und die religiösen Überzeugungen der Gläubigen respektieren. Die Medien können dies erreichen, indem sie Fakten präsentieren, verschiedene Perspektiven einbeziehen und sensibel mit kontroversen Themen umgehen.

Ähnlich wie beim vorherigen Abschnitt ist dieser Absatz nicht wirklich zufriedenstellend. Nicht alle Medien haben den Auftrag über kirchliche Akteur:innen zu berichten – mit Ausnahme des Service public:

«Radio und Fernsehen müssen gemäss Bundesverfassung zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur Meinungsbildung und Unterhaltung beitragen. Sie müssen zudem die Besonderheiten unseres Landes und die Bedürfnisse der Kantone berücksichtigen.» (Faktenblatt Service public, uvek.admin.ch [Stand 05.09.2023]) Hinzu kommt, dass sie sowohl auf nationaler wie auch regionaler Ebene über Bereiche wie Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Sport Bericht erstatten. Der Service public hat zudem eine identitätsstiftende Funktion und es wird verlangt, das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen und Sprachgemeinschaften aber auch den Religionen zu fördern (vgl. (Faktenblatt Service public, uvek.admin.ch [Stand 05.09.2023]). Des Weiteren sind die Landeskirchen in der Schweiz auch aus pfadabhängigen Gründen stets noch relevant und 2/3 der Bevölkerung bekennen sich nach wie vor zu einer Religionsgemeinschaft (vgl. Religionen, bfs.admin.ch [Stand 05.09.2023]).

Die Schweizer Medienlandschaft umfasst neben dem Service public privatwirtschaftliche Medienanbieter, die keinen «offiziellen Auftrag» haben, ob und wie sie über Religion oder eben Kirchen berichten. Das Ziel ist eine hohe Reichweite und daher regiert bei diesen Medienangeboten eher der Nachrichtenwert (vgl. z.B: Gärtner, 2012; Imhof & Ettinger, 2007; Dahinden & Wyss, 2009).

Die Nachrichtenwert-Theorie besagt, dass Journalist:innen aufgrund von «konstruierten Selektionskriterien» entscheiden, was newsrelevant ist und was nicht (vgl. z.B: Harcup & O’Neill 2017; Harrison 2006). Welche Stimmen und Perspektiven sie zudem zum jeweiligen Thema miteinbeziehen oder in welcher Tonalität sie über welches Thema schreiben, ist ihnen jedoch grundsätzlich freigestellt. Viele Journalist:innen berufen sich auf einen «journalistischen Ethos oder Kodex», der gewisse Qualitätskriterien der Berichterstattung definiert (vgl. z.B. Journalistenkodex des Presserats Schweiz, presserat.ch [Stand: 05.09.2023]).

Wenn wir uns exemplarisch die Berichterstattung zur römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Kirchen in den privaten Medientiteln im Jahr 2021 anschauen, fällt in unserer Codierung auf, dass im Verhältnis zur Menge der Artikel über die römisch-katholische Kirche negativer berichtet wird (36%) als über die evangelisch-reformierte Kirche (29%). In beiden Fällen berichten die Medien jedoch mit einer klaren Wertung in ihren Artikeln. Sachliche (neutral) oder kontroverse (positive und negative Bewertung halten sich die Balance) Berichterstattung kommt bei der römisch-katholischen Kirche in 38% der Fälle vor und bei der evangelisch-reformierten Kirche sogar nur in 28% der Fälle. Das kann darauf hinweisen, dass der Nachrichtenwert der Beiträge zu den Kirchen über negative oder positive Emotionen gesteuert wird.

Abbildungen 4 und 5: Wertzuschreibungen (positiv, negativ, neutral (sachlich), kontrovers (ausgeglichene negative und positive Wertung) gegenüber der römisch-katholischen Kirche (Abbildung 4) und der evangelisch-reformierten Kirche (Abbildung 5) im Jahr 2021 in den Schweizer Medien (ohne SRF Online). Lesebeispiel: 26% der Artikel der Berichterstattung in privaten Schweizer Medien bewerteten die römisch-katholische Kirche positiv.

Die Rolle der Kirchen: Authentizität und Verantwortung

Kirchen in der Schweiz können von der Medienberichterstattung profitieren, indem sie Authentizität und Verantwortung demonstrieren. Offene Kommunikation über positive Initiativen, soziales Engagement und ethische Grundlagen kann die Öffentlichkeit positiv beeinflussen. Gleichzeitig sollten Kirchen auf negative Berichterstattung angemessen reagieren, indem sie verantwortungsvoll handeln, Schäden eingestehen und Maßnahmen zur Verbesserung ergreifen.

Hier fällt die Antwort aus der Forschung wiederum ambivalenter aus als jene von ChatGPT, respektive kann gesagt werden: In der Theorie ja, in der Praxis zeigt sich ein anderes Bild. Kirchen können kaum beeinflussen, wie und was die Medien in ihrer Berichterstattung aufnehmen. Studien und Interviews zu diesen Bereichen haben gezeigt, dass Journalist:innen vor allem nach Kriterien, wie Emotionalisierung, Personalisierung, Konflikte oder Skandalisierung selektieren, wenn es um Berichterstattung rund um Religion und somit auch Kirchen geht (vgl. Schönhagen & Jecker, 2010; Dahinden & Wyss, 2009; Koch, 2009). Unsere Umfrage in der Schweizer Bevölkerung zeigt: Glaubwürdigkeit und Authentizität sind zentrale Bewertungskriterien, wenn es um die Reputation der Kirchen in der Schweiz geht.

Abbildung 6: Bewertung der christlichen Kirchen in der Schweiz 2022/2023 hinsichtlich Authentizität und Glaubwürdigkeit. Lesebeispiel: Auf einer Skala von 1 (trifft gar nicht zu) bis 7 (trifft voll und ganz zu) bewerten die Menschen in der Schweiz die Aussage «ist glaubwürdig» für die Freikirchen im Durchschnitt mit 2.71. Der Zusammenhang dieser Bewertung mit der Reputation insgesamt ist bei einem Korrelationskoeffizient von 0.86 auf der Skala von -1 (maximaler negativer Zusammenhang) bis +1 (maximaler positiver Zusammenhang) sehr hoch.

Es zeigt sich, dass ein sehr starker Zusammenhang zwischen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit und der Authentizität einerseits und der Reputation andererseits besteht (Korrelationskoeffizienten zwischen 0.78 und 0.86). Dieser Zusammenhang ist bei allen Kirchen nachweisbar. Gegenüber den anderen Konfessionen schneidet die evangelisch-reformierte Kirche besser ab. Sie wird als glaubwürdiger und authentischer angesehen. Allerdings bewegen sich die Bewertungen nur auf einem unterdurchschnittlichen Niveau: teilweise deutlich unter dem mittleren Wert von 4 auf der Skala von 1 (Minimalwert) bis 7 (Maximalwert). In der Gesamtbevölkerung werden die Kirchen im Schnitt als nicht besonders glaubwürdig und authentisch angesehen.

Die Aussage von ChatGPT lässt sich damit im Umkehrschluss bestätigen; geht die Glaubwürdigkeit verloren und wird die Authentizität in Abrede gestellt, leidet die Reputation. Des Weiteren könnten die Kirchen Medien nutzen, um ihre Wahrnehmung positiv zu beeinflussen. Auch wenn eine unabhängige positive Berichterstattung den grössten Beitrag zu einer guten Reputation liefert, scheint es gerade angesichts der digitalen Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten angesagt, auch eigene Kanäle und Informationsangebote zu unterhalten. So können die eigenen Themen und Perspektiven in die Öffentlichkeit eingebracht werden.

Die Zukunft der Medienberichterstattung über Kirchen in der Schweiz

Die Medienlandschaft verändert sich ständig, und mit ihr ändern sich auch die Erwartungen und Ansprüche der Gesellschaft an die Berichterstattung. Kirchen in der Schweiz sollten die Medien als Möglichkeit zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit nutzen und gleichzeitig den ethischen und moralischen Grundsätzen treu bleiben, die ihrem Glauben zugrunde liegen. Die Medien wiederum sollten ihre Rolle als Wächter der Öffentlichkeit wahrnehmen und sowohl positive als auch kritische Aspekte der Kirchen auf eine ausgewogene und respektvolle Weise beleuchten. Letztendlich kann eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Medien und Kirchen zur Förderung von Transparenz, Verantwortlichkeit und einem offenen Dialog führen, der die Reputation der Kirchen in der Schweiz stärkt.

Es ist absehbar, dass KI zukünftig in vielen Bereichen zum Alltag gehören wird und es ist beeindruckend, wozu Tools wie ChatGPT in der Lage sind. Dennoch zeigt sich, dass im Output von ChatGPT viele Floskeln und Wiederholungen enthalten sind, die dem behandelten Thema nicht wirklich viel Tiefe geben. In unserem Fall bleibt der Text eher schwammig. Die Beziehung zwischen Medien und Kirchen sowie die Entstehung von Reputation wird eindimensionaler und versöhnlicher dargestellt als es angemessen wäre. Aus wissenschaftlicher Sicht erscheinen gerade soziale Phänomene komplexer und müssen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Zudem gibt es in der Wissenschaft unterschiedliche Ansätze, die um die beste Beschreibung und Erklärung von Phänomenen konkurrieren, was durch ChatGPT (noch) nicht ausreichend vermittelt wird.

Was auffällt und interessant ist, ist dass ChatGPT sich möglicherweise vor allem auf den Service public bezieht, um die Beziehung zwischen den Systemen zu erklären. Digitale Medien werden hingegen komplett weggelassen.

Letztendlich scheint die gesamte Tonalität innerhalb des Artikels von einem philanthropischen Bild zwischen Kirchen, Medien und Gesellschaft geprägt zu sein. Das heisst, beide Seiten werden dazu aufgefordert, sich gegenseitig zu unterstützen und ein harmonisches Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft zu fördern.

Literatur:

Arens, E. (2003). „In der Schweiz, in der Schweiz, in der Schweiz…“ – Öffentliche Religion im helvetischen Raum. JCSW, 44, 131–142.

Boydstun, A. E., Hardy, A. & Walgrave, S. (2014). Two Faces of Media Attention: Media Storm Versus Non-Storm Coverage. Political Communication, 31(4), 509–531. https://doi.org/10.1080/10584609.2013.875967

Coleman, R., McCombs, M. E., Shaw, D. L. & Weaver, D. (2009). Agenda Setting. In K. Wahl-Jorgensen (Hrsg.), International Communication Association (ICA) handbook series. The handbook of journalism studies (S. 147–160). Routledge.

Dahinden, U. & Wyss, V. (2009). Spezialisierung im Journalismus: Allgemeiner Trend? Herausforderungen durch das Thema Religion. In B. Dernbach & T. Quandt (Hrsg.), Spezialisierung im Journalismus (1. Aufl., S. 123–136). VS Verl. für Sozialwiss.

Drüeke, R. (2018). Medien, Öffentlichkeit und Demokratie: Zur Watchdog-Funktion von Medien. Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 31(3), 19–28. https://doi.org/10.1515/fjsb-2018-0059

Eisenegger, M. (2005). Reputation in der Mediengesellschaft [Zugl.: Zürich, Univ., Diss., 2004 u.d.T.: Eisenegger, Mark: Reputationskonstitution, Issues-Monitoring und Issues-Management in der Mediengesellschaft, VS, Verl. für Sozialwiss, Wiesbaden]. Deutsche Nationalbibliothek.

Gärtner, C. (2012): Religion bei Meinungsmachern. Eine Untersuchung bei Elitejournalisten in Deutschland (Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie).

Harcup, T. & O’Neill, D. (2017). What is News? Journalism Studies, 18(12), 1470–1488. https://doi.org/10.1080/1461670X.2016.1150193

Harrison, J. (2006): News: Routledge.

Hoffjann, O. & Seidenglanz, R. (Hrsg.). (2018). Allmächtige PR, ohnmächtige PR. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18455-1

Imhof, K. & Ettinger, P. (2007). Religionen in der medienvermittelten Öffentlichkeit der Schweiz. In M. Baumann & J. Stolz (Hrsg.), Kultur und soziale Praxis. Eine Schweiz – viele Religionen: Risiken und Chancen des Zusammenlebens (S. 285–301). Transcript-Verlag.

Koch, C. (2009). Das Politische dominiert. Wie Schweizer Medien über Religionen berichten. Communicatio Socialis, 42(4), 365–381. https://doi.org/10.5771/0010-3497-2009-4-365

Lundby, K., Christensen, H. R., Gresaker, A. K., Lövheim, M., Niemelä, K., Sjö, S., Moberg, M. & Daníelsson, Á. S. (2018). Religion and the Media: Continuity, Complexity, and Mediatization. In I. Furseth (Hrsg.), Religious Complexity in the Public Sphere (S. 193–249). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-319-55678-9_5

McCombs, M. E. & Shaw, D. L. (2017). The agenda-setting function of mass media. The Agenda Setting Journal, 1(2), 105–116. https://doi.org/10.1075/asj.1.2.02mcc

Neumaier, A. (2018). Religion, Öffentlichkeit, Medien. In D. Pollack, V. Krech, O. Müller & M. Hero (Hrsg.), Handbuch Religionssoziologie (S. 833–859). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18924-6_34

Pahud de Mortanges, R. (2012). Die Auswirkung der religiösen Pluralisierung auf die staatliche Rechtsordnung. In C. Bochinger (Hrsg.), Nationales Forschungsprogramm NFP: Bd. 58. Religionen, Staat und Gesellschaft: Die Schweiz zwischen Säkularisierung und religiöser Vielfalt (S. 146–173). Verlag Neue Zürcher Zeitung.

Pahud de Mortanges, R. (2014). Das rechtliche Inkorporationsregime für Religionsgemeinschaften. Eine neue Betrachtungsweise des schweizerischen Religionsverfassungsrecht unter Einbezug des NFP 58. https://sonar.ch/global/documents/307320

Schneider, J. (2022). Jörg Schneider: kath.ch hat eine Watchdog-Funktion, die auch in die Gesellschaft hineinwirkt. kath.ch. https://www.kath.ch/newsd/joerg-schneider-kath-ch-hat-eine-watchdog-funktion-die-auch-in-die-gesellschaft-hineinwirkt/

Schönhagen, P. & Jecker, C. (2010). 840 Programmstunden Religion(en) im Fernsehen. Eine explorative Studie. Communicatio Socialis, 43(1), 41–58. https://doi.org/10.5771/0010-3497-2010-1-41

Wyss, V. & Keel, G. (2009). Religion surft mit: Journalistische Inszenierungsstrategien zu religiösen Themen. Communicatio Socialis, 42(4), 351–364.

[1] In unserem Projekt codieren wir die Schweizer Berichterstattung zu den christlichen Kirchen vom Jahr 2021-2000.


Blogbeitrag von Dr. Rebekka Rieser, Jörg Schneider, Hanna Schweighofer und Camille Nchakga, UFSP-Projekt 12 Religiöse Organisationen in der Öffentlichkeit. Kommunikation und Reputation in Zeiten des digitalen Wandels


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