Ein Beitrag von Caroline Weckerle, Gartenleitung Botanischer Garten der UZH

Dieses Jahr hat die Titanwurz (Amorphophallus titanum, Araceae) bei uns am Botanischen Garten der Universität Zürich geblüht, dies nach einer längeren Pause von mehreren Jahren. Es war schwierig abzuschätzen, wann genau sie den Blütenstand öffnen würde – wir vermuteten an Auffahrt, doch sollte es nochmals fast eine Woche dauern, bis sie sich am 24. Mai in voller Pracht und vollem Gestank zeigte. Für einen zeitlichen Ablauf des Blühereignisses siehe Fotos unten.

Die grösste Blume der Welt

Je grösser die unterirdische Knolle, umso grösser der Blütenstand der Titanwurz. In ihrer Heimat Sumatra, mit einer Knolle von rund 100 kg, kann der Blütenstand bis zu 3 Meter hoch und breit werden. In unserem Fall war die Knolle 12 kg schwer und der Blütenstand entsprechend kleiner, mit einer Höhe von knapp 1,5 Metern.

Bestäubung dank Gestank

Nur zwei Tage dauerte das Spektakel: Ein grosser Becher mit einer Keule in der Mitte entfaltete sich und erfüllte das Tropenhaus mit Aasgestank. In seiner Heimat lockt die Pflanze damit Aaskäfer an, die in den Kessel fallen und die vielen kleinen weiblichen Blüten in der unteren Hälfte des Kolbens bestäuben (Abb 1).

Nach der Blüte folgt eine mehrmonatige Ruhepause, nach welcher ein Blatt produziert wird, das bis 5 Meter hoch werden kann. Damit kann die Pflanze Photosynthese betreiben, um die Knolle zu regenerieren. Es kann Jahre dauern, bis die Pflanze das nächste Mal blüht.

Die Presse ist mit dabei

Die Presse hat sich sehr für das seltene Ereignis am Botanischen Garten der UZH interessiert. So hat zum Beispiel 20Minuten eine Live-Kamera installiert um ihre Leser:innen auf dem aktuellsten Stand zu halten. Entsprechend gross war der Auflauf an Besuchenden. Mehrere tausend Leute wollten einen Blick der grössten Blume der Welt erhaschen und sind dafür bis zu 90 Minuten lang angestanden.

Bestäubung zwischen Zürich und Basel

Nicht nur am Botanischen Garten der UZH hat die Titanwurz dieses Jahr geblüht, sondern auch am Botanischen Garten der Universität Basel. Dies ermöglichte es uns, Pollenkörner der Zürcher Titanwurz nach Basel zur Bestäubung der dortigen Blüten zu liefern. Tatsächlich entwickeln sich nun Früchte, die wohl in den kommenden Monaten ausreifen werden. Auf die Keimversuche mit den reifen Samen sind wir gespannt!

Titanwurz Pflanzen bzw. ihre Knollen werden zwischen Botanischen Gärten ausgetauscht. Viele der Pflanzen in europäischen Gärten stammen aus Bonn und sind genetisch sehr einheitlich. Nicht so das nun fruchtende Individuum in Basel, dieses stammt aus den USA. Die Kreuzung mit der Zürcher Titanwurz, die ebenfalls auf Bonn zurück geht, dürfte somit zu einer neuen genetischen Durchmischung führen.

Blühverlauf der Titanwurz im Tropenhaus des Botanischen Gartens der UZH, 15.-28. Mai 2023

Alle Fotos: BGUZH