Ein Tag im Botanischen Garten - Gartenpädagogin Evelin Pfeifer

Ein Tag im Botanischen Garten – Gartenpädagogin Evelin Pfeifer

Ein Beitrag von Leah Spirk

Jeder weiss, was ein «Garten» ist. Und viele können sich unter «Pädagogik» etwas vorstellen. Bei der Kombination der Worte zu «Gartenpädagogik» aber, geraten dann doch einige ins Schwitzen. Was ist also diese Gartenpädagogik und wie findet sie hier im Botanischen Garten der UZH Verwendung?

Nur für Mutige! Traust du dich, die Brennnessel anzufassen? Mutprobe im Erlebnisgarten (Abbildung 1)

Evelin Pfeifer ist unsere Gartenpädagogin im Botanischen Garten der Universität Zürich. Seit der entsprechenden Stellenausschreibung im Jahre 2012 arbeitet Evelin Pfeifer hier – das sind nun schon neun Jahre. Als Gartenpädagogin erfüllt Evelin Pfeifer eine wichtige Aufgabe, sie ist nämlich die Verbindung zwischen Öffentlichkeit und Garten.

«Diese Schnittstelle hat mir schon immer total Spass gemacht. Sehr herausfordernd, auf eine Art, aber sehr lebendig.»

Evelin Pfeifer ist diplomierte Botanikerin und hat eine Ausbildung in Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) und Ganzheitlicher Ernährungsberatung. Seit 25 Jahren veranstaltet sie Führungen und Kurse und arbeitet nebenbei noch als Dozentin. Ihr Beruf ist sehr vielseitig und dies schätzt sie sehr.

Evelin Pfeifer im Botanischen Garten der UZH (Abbildung 2)

Schon während ihres Studiums in Botanik hat Evelin Pfeifer Gartenführungen im Botanischen Garten veranstaltet. Und auch bereits vor der Stellenausschreibung der «Gartenpädagog:in» hat sie zehn Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Systematische und Evolutionäre Botanik der UZH, welches im Botanischen Garten gelegen ist, gearbeitet. Damals gab es noch keine offizielle Öffentlichkeitsarbeit im Botanischen Garten, wie sich das nennt. Trotzdem organisierte Evelin Pfeifer auf Initiative und mit Hilfe von Rolf Rutishauser, einem mittlerweile pensionierten Professor, Ausstellungen oder andere kleine Events. So ist sie eigentlich schon lange in die Arbeit hineingewachsen und konnte die beliebte Stelle ergattern.

Die grandiosen Kuppeln des Botanischen Gartens der UZH (Abbildung 3)

Evelin Pfeifer erklärt den Begriff «Gartenpädagogik» folgendermassen:

«Bei der Gartenpädagogik geht es eigentlich um die Vermittlung von botanischen Themen.»

Vermittelt wird dabei an Einzelbesucher, Gruppen, Kinder, Studierende, Pensionäre, Touristen und Interessierte in allen Altersgruppen. Je breiter das Spektrum, desto besser. Die botanischen Inhalte richten sich ganz nach der Zielgruppe. Dies kann ein ganz bestimmtes Thema sein oder nur einen Einblick in die Pflanzenvielfalt des Botanischen Gartens. Die Vermittlung der botanischen Themen geschieht auf ganz verschiedene Art und Weise. «Ein Einzelbesucher wird anders angesprochen als eine Gruppe von Erwachsenen, diese wiederum wird wieder anders abgeholt als eine Kindergartengruppe.»

Der Verein Natur im Garten definiert Gartenpädagogik so:

«Gartenpädagogik ist die Verbindung von gärtnerischer und pädagogischer Arbeit. Sie nutzt den naturnahen Garten mit seinen Natur- und Stoffkreisläufen und der biologischen Vielfalt als Lernraum zur Vermittlung von theoretischen Kenntnissen und praktischen Fertigkeiten.» Fachtagung Gartenpädagogik (naturimgarten.at)

Der Beruf der Gartenpädagogin beschreibt im Fall von Evelin Pfeifer weniger ihre explizite Ausbildung sondern eher, wie sie hier im Botanischen Garten eingesetzt wird. «Ich komme mehr von der praktischen Seite des Unterrichtens. Vieles läuft über Erfahrungen, ob spielerischer, abstrakter oder anderer Art. Dabei versetze ich mich in den Besucher und versuche, botanische Themen so mundgerecht wie möglich darzubieten.» 

„Riech an mir“, auch wieder im Erlebnisgarten (Abbildung 4)

08:00 Uhr

Der Tag von Evelin Pfeifer beginnt relativ unspezifisch – Mails checken. So eintönig dies auch klingen mag, es ist sehr wichtig. Denn viele Zeitungen, Vereine oder Werbungen drucken die aktuellen Veranstaltungen, Führungen oder Ausstellungen des Botanischen Gartens der UZH ab, und da dürfen keine Fehler geschehen. Die Daten müssen natürlich immer stimmen und aktuell sein.

Ansonsten ist die Arbeit von Evelin Pfeifer sehr vielseitig. Viele Aufgaben richten sich nach den Jahreszeiten. So beginnt das neue Jahr für Evelin Pfeifer bereits mit den ersten Vorbereitungen für das grosse Frühlingsfest Ende April. Dafür muss mit den Gärtner:innen zusammen ganz schön viel auf die Beine gestellt werden. Auch die Werbung sollte koordiniert werden und noch vieles mehr. Diesen organisatorischen Aufwand darf man nicht unterschätzen.

«Ich bin recht viel mit den Veranstaltungen beschäftigt – wenn nicht gerade Corona ist.»

Nach dem Frühlingsfest im April geht dann auch schon wieder die Organisation für die Tropennacht im Sommer los. Anschliessend an die Sommerferien beginnt Evelin Pfeifer mit der Koordination der Art und Anzahl an Kursen und Führungen fürs nächste Jahr und Ende Jahr wird das ganze Programm in Form des Jahresflyers zusammengestellt. Dafür müssen gefühlte Tausend Mails geschrieben werden und alles genau überprüft werden – Daten, Leute, Öffnungszeiten, Links – stimmt auch alles?

Die lange Nacht der Museen im Jahre 2012. Die Kuppelschauhäuser wurden mit einer Lichtinstallation versehen. (Abbildung 5)

An die Vereinigung der Freunde des Botanischen Gartens Zürichs werden alle zwei Monate sogenannte Gartenbriefe versandt. Auch dies koordiniert Evelin Pfeifer. Dazu gehört das Auffinden eines Autors/einer Autorin oder ab und zu das Schreiben eines eigenen, das Drucken und Versenden der Briefe.

12:00 Uhr

Neben dem Zyklischen hat Evelin Pfeifer auch noch ganz andere Aufgaben. Sie ist verantwortlich für die Informationstafeln, die überall im Botanischen Garten verteilt stehen. Die meisten Tafeln sind nur temporär und werden regelmässig ausgewechselt, vorausgesetzt, die Gärtner kommen hinterher. Die Informationstafeln sollten nur Aktuelles hervorheben, wie zum Beispiel eine selten blühende Blume, und nicht konstant stehen bleiben. So haben auch häufige Besucher etwas Abwechslung.

Aktuell arbeitet Evelin Pfeifer mit einem Praktikant zusammen, der als wissenschaftlicher Illustrator der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste) sein Abschlusspraktikum hier absolviert. Seine Aufgabe ist es, ausgewählte Tiere, die im oder am Teich leben, zu illustrieren. Der Teich wird vor allem von Kindern rege besucht, und weil Tiere schliesslich abhängig von Pflanzen sind, passt das auch ganz gut in den Botanischen Garten. Der Praktikant illustriert die Ringelnatter, den Wasserskorpion, den Gelbrandkäfer, die Spitzschlammschnecke und noch einige mehr. Evelin Pfeifer hat dafür die Texte vorbereitet, damit der Praktikant auch weiss, von welcher Ansicht er ein Tier zeichnen sollte oder was besonders hervorgehoben werden muss. Diese Infotafeln sind im nächsten Jahr am Teich zu sehen!

Ausschnitt einer Illustration der Ringelnatter (Abbildung 6)

Um die Texte für die Infotafeln zu schreiben, versucht sich Evelin Pfeifer immer in die Rolle von jemanden hineinzuversetzen, der noch nichts vom Thema weiss. Die Herausforderung ist, eine Verknüpfung zu dem/der Leser:in aufzubauen, aber dabei die Texte kurz und simpel zu halten.
«Es ist eine ziemliche Gratwanderung.» Evelin Pfeifer ist manchmal hin- und hergerissen, weil einige Aspekte sehr interessant sind, aber es zu lange gehen würde, um diese zu erklären. «In der Kürze liegt die Würze». Die Texte sollten auch nicht zu einfach gehalten sein. Ab und zu mal ein Fremdwort darf schon sein, damit der Text auch etwas Anspruch hat. Grundsätzlich sollte man die vorgestellte Pflanze etwas kennenlernen und sie besser einordnen können. Wichtig ist, einen Bezug aufzubauen.

Momentan ist Evelin Pfeifer mit der Überarbeitung der Website des Botanischen Gartens beschäftigt. Dort werden alle Einträge neu geschrieben und die Seiten besser gestaltet.

Auch gibt es im Botanischen Garten gerade einen Wildbienenrundgang, den Evelin Pfeifer organisiert hat. Dazu gehören auch praktische Aufgaben, wie zum Beispiel Schwemmholz von Zuhause mitbringen, die Kleinblütige Bergminze (Clinopodium nepeta) auftreiben und dann mit einer Gärtnerin zusammen alles einrichten. «Total schön. Macht immer wieder Spass, direkt so was zu machen, als nur am Schreibtisch zu hocken.»

Wildbienenrundgang am Botanischen Garten (Abbildung 7)

16:00 Uhr

Der Botanische Garten bietet auch viele Führungen an. Neben der Organisation des Programms bereitet Evelin Pfeifer viele Inhalte selber vor. Diese vermittelt sie dann den Gartenlehrer:innen in einer Art Workshop, damit diese die Führung anbieten können. Auch das Bereitstellen von Materialien gehört dazu. Für Schulklassenführungen wurden zum Beispiel die Themen «Biodiversität», «Pflanzen und Ernährung» und «Bionik» vorbereitet.

Eine Führung im botanischen Garten (Abbildung 8)

Neben Führungen gibt es auch Kurse, die man hier im Botanischen Garten besuchen kann. Evelin Pfeifers Steckenpferde sind vor allem die Kurse über «Essbare und giftige Wildpflanzen», «Die Welt der Gewürze» und «Räucherpflanzen». Findet der Kurs im Botanischen Garten statt, dann wird der Garten immer miteinbezogen. Die praktische Arbeit erachtet Evelin Pfeifer als sehr wichtig. «Lernen geht über viele Ebenen. Die Pflanzen, über die man theoretisch spricht, kann man schliesslich anschauen und anfassen.» Deswegen werden in den Kursen auch Gewürze- oder spezielle Räuchermischungen selbst hergestellt.

Kinder entdecken den botanischen Garten (Abbildung 9)
Kinder entdecken den Lotusteich (Abbildung 10)

Für die Kurse braucht Evelin Pfeifer auch ganz schön viele Utensilien. Zum Teil bezieht sie diese direkt vom Ausland, wenn Kolleg:innen zufällig vor Ort sind. So kommt der Weihrauch und die Myrrhe für die Räucherkurse direkt vom Oman, da eine Freundin dahin reiste. «So erhalte ich die Sachen direkt vor Ort. Das ist natürlich super, wenn ich es gerade so schön live bekomme. Ich habe wirklich viel Anschauungsmaterial.»

Evelin Pfeifer leitet nur einen Bruchteil der Kurse, die hier im Botanischen Garten angeboten werden. Für die Erwachsenenkurse fragt sie auch immer wieder neue Dozent:innen an, die auf verschiedene Weise mit Pflanzen unterwegs sind.

«Gegen fünf merke ich langsam, dass die Konzentration nachlässt. Dann fang ich an, mein Zimmer aufzuräumen.» Dies ist sehr wichtig, denn Evelin Pfeifer hat viel Material für Ausstellungen, Führungen und Kurse. Es gehört zum täglichen Ritual, alles nochmal kurz durchzugehen und etwas auszumisten. Sonst hätte sie keinen Überblick mehr. «Das tut mir gut. Ich brauche viel Klarheit. Ich brauche Aufgeräumtheit.»

Evelin Pfeifer mit einem Zapfen der Coulter-Kiefer (Pinus coulteri) (Abbildung 11)

Zu ihrem 50%-Job im Botanischen Garten der UZH engagiert sich Evelin Pfeifer auch noch anderweitig. 14 Jahre lang hat sie den riesigen Naturgarten der Anna-Zemp-Stiftung in Männedorf betreut. Sie unterrichtet auch an der Kräuterakademie in Salez und Hondrich über Heilendes von Bäumen, Sträuchern und Wildfrüchte. In Wädenswil an der ZHAW (Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaft) unterrichtet sie einen Teil am Einstiegsmodul der Gartentherapie. Und in Männedorf berät Evelin Pfeifer die Gemeinde über Pflanzen. Ihr Alltag ist also sehr breit gefächert und ganz abwechslungsreich.

«Der berufliche Lebensweg geht so Schritt für Schritt in die verschiedensten Richtungen. Eine Tür öffnet eine andere. Das kann man sich vorher gar nicht vorstellen.»

Über die Vielfalt ihres beruflichen Lebens meint Evelin Pfeifer: «Ja, ich bin immer gefordert. Das ist das Schöne. Ich muss mich natürlich immer gut vorbereiten und neues Wissen erarbeiten. Aber das ist das Tolle eigentlich. Man muss nicht immer alles gleich machen.»

Evelin Pfeifer ist «super dankbar, dass hier am Botanischen Garten so ein Job kreiert wurde. Ich mache ihn total gern. Er passt zu mir.»

Vielen Dank an Evelin Pfeifer für den Einblick in deinen Beruf und das tolle Interview!

Die Tropenhäuser des botanischen Gartens (Abbildung 12)

Quellen