Was Tequila mit dem Botanischen Garten zu tun hat

Was Tequila mit dem Botanischen Garten zu tun hat

Ein Beitrag von Leah Spirk

Tequila, das beliebte alkoholische Getränk aus Mexiko, kennen wohl die meisten. Doch die Wenigsten wissen auch, aus was es hergestellt wird. Tequila kommt nämlich von Agaven, um genau zu sein von der Agave tequilana, welche auch in unserem Botanischen Garten zu sehen ist.

Die Agave ovatifolia im Mittelmeergarten des Botanischen Gartens der UZH (Abbildung 1)

Agaven sind Rosettenpflanzen und stammen ursprünglich aus den trockenen Gebieten von Nordamerika, Mexiko und Zentralamerika. Sie sind durch folgende Eigenschaften sehr gut an Dürre und hohen Temperaturen angepasst: [1]

  • Blattsukkulenz, also die Speicherung von Wasser in ihren Blättern.
  • Dicke Wachsschicht auf den Blättern, um die Verdunstung von Wasser zu vermindern.
  • Umfassendes Wurzelwerk
  • Spezielle Photosynthese, die sich CAM (Crassulacean Acid Metabolism) nennt.
  • Anatomie der Rosette: obere Blätter beschatten untere, Wasser kann aufgefangen werden etc.

Die Toleranz gegen Wassermangel und Hitze macht die Gattung der Agaven ökonomisch interessant für die landwirtschaftliche Erschliessung von trockenen Gebieten. Zudem wirken gepflanzte Agaven gegen die Bodenerosion und die Versteppung in dürren Gegenden. Auch im Bezug auf den Klimawandel ist die Kultivierung von Agaven von Bedeutung. Mittlerweile existieren über 300 Arten von Agaven, von denen die meisten noch endemisch («einheimisch») in ihrer Heimat zu finden sind, während andere sich auf dem ganzen Globus ausgebreitet haben.[1]

Die Agave guiengola aus Oaxaca (Mexiko), zu bestaunen im Tropenhaus der Trockengebiete (Abbildung 2)

So aber nun nochmals zum Tequila. Tequila gehört zu den Mezcals, also den mexikanischen Spirituosen mit ca. 40 Vol.-% Alkohol, die von verschiedenen Agavenarten hergestellt werden.[2] Bei Tequila ist es (ausschliesslich) die Agave tequilana, [1] die auch blaue Agave oder Tequila-Agave genannt wird. Der Anteil der Agave tequilana muss dabei mindestens 51% betragen, sonst kann das Getränk nicht Tequila genannt werden. Für die Herstellung von Tequila werden die Pflanzen auf grossen Feldern in Mexiko kultiviert. Nach etwa sieben Jahren können sie geerntet werden, denn dann ist die Zuckerkonzentration in der Pflanze auf ihrem Höchststand. Beim Ernten werden als erstes alle Blätter abgeschnitten. Übrig bleibt das ‘Herz’, das einer Ananas ähnelt. Dieses wird auch ‘Piña’ genannt, spanisch für Ananas. Die Piña wird gekocht, um einen süssen Agavensirup zu erhalten. Dieser wird dann fermentiert und zu Likör – dem Tequila – destilliert.[3] Per Gesetz dürfen nur fünf mexikanische Bundesstaaten Tequila produzieren. Der Bekannteste unter ihnen ist Jalisco.[4]

Die geerntete Piña der blauen Agave (Agave tequilana) (Abbildung 3)
Die Agave tequilana in unserem Botanischen Garten (Abbildungen 4)
Die Agave tequilana in unserem Botanischen Garten (Abbildungen 4)

Die verschiedenen Agaven [2] haben in Mexiko eine wichtige ethnobotanische Bedeutung [5] (Ethnobotanik = Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Menschen). Neben Tequila werden sie auch für alle möglichen anderen Eigenschaften genutzt. Zum Beispiel für: [6] [7]

  • Nahrung (z.B. Agavensirup oder Süssigkeiten)
  • Biokraftstoff
  • Faserstoffe (z.B. Seile, Korbflechten, Bürsten und Kleider)
  • Probiotika (z.B. Inulin und Fruktane)
  • Im Bauwesen (z.B. Zäune, Kacheln)
  • Und für andere alkoholische Getränke wie Pulque oder Bacanora.

Diese Produkte erzeugen einen grossen ökonomischen Wert, weshalb die Pflanze auch so geschätzt wird. Jedoch ist das Anbauen von Agaven [4] nicht ganz ohne. Die Pflanzen werden auf riesigen Feldern kultiviert. Ableger (neue Pflanzen) entstehen unterirdisch über Rhizome, also vegetativ wie Klone. Die sexuelle Fortpflanzung, also über Bestäubung der Agavenblüten, geschieht so gut wie nie. Denn die Agaven investieren dann all ihren Zucker, der in der Piña (dem Herz) gespeichert ist, in das Wachstum des Blütenstands, der bis zu zehn Meter hoch werden kann (siehe Abbildung 5).[6]

Die blühende Agave parrasana, zu bestaunen im Tropenhaus der Trockengebiete. (Abbildungen 5) (Stand Mai 2022)
Die blühende Agave parrasana, zu bestaunen im Tropenhaus der Trockengebiete. (Abbildungen 5) (Stand Mai 2022)

Bauern und Bäuerinnen verhindern das Blühen, in dem sie die Blütenstände abschneiden oder die Agaven ernten, bevor diese austreiben.[6] Dann ist auch der Zuckergehalt der Piña am höchsten und somit am geeignesten für die Mezcalproduktion. Dies führt aber dazu, dass die meisten Agaven auf den Feldern genetisch identisch sind und daher anfälliger für Krankheitserreger wie Pilze oder Bakterien werden. Auch werden über Jahrhunderte angepasste Bestäubersysteme gestört. Agaven werden neben Insekten und Vögeln auch von (gefährdeten) Fledermäusen bestäubt. Dürfen die Agaven gar nicht mehr blühen, verlieren die Fledermäuse einen Grossteil ihrer Nahrung.[6] Eine Lösung könnte sein, 5-10% der Agaven auf den Feldern blühen zu lassen.[8]

Die Gattung der Agaven beinhaltet ganz unterschiedlich-aussehende Exemplare. Alle zu finden im Tropenhaus der Trockengebiete. Von links nach rechts, oben nach unten: Agave bracteosa, Agave hurteri, Agave lophantha und Agave attenuata. (Abbildungen 6)

In unserem Botanischen Garten der UZH wachsen 53 Agavenexemplare von 32 verschiedenen Arten. Man findet sie entweder im Tropenhaus der Trockengebiete, im Mittelmeergarten oder bei den Nutzpflanzen. Alle von ihnen sehen recht verschieden aus, obwohl sie in ihrem Grundaufbau gleich sind. Das Titelbild dieses Blogbeitrags zeigt die Agave ovatifolia, zu finden im Mittelmeergarten.

Die wunderschöne Agave ovatifolia im Mittelmeergarten (Abbildung 7)

Kommen Sie vorbei und bestaunen Sie die Vielfalt der Agaven im Botanischen Garten der Universität Zürich. Sei es die Agave tequilana im Nutzpflanzengarten, die blühende Agave parrasana im Tropenhaus der Trockengebiete oder die Agave ovatifolia im Mittelmeergarten.

Die Agave ovatifolia im Mittelmeergarten (Abbildung 8)

Literaturverzeichnis:

[1] Al-Khayri, J. M., Jain, S. M., & Johnson, D. V. (2019). Advances in Plant Breeding Strategies: Industrial and Food Crops : Volume 6 (1st 2019. ed.). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-030-23265-8

[2] Maciel Martínez, J., Baltierra-Trejo, E., Taboada-González, P., Aguilar-Virgen, Q., & Marquez-Benavides, L. (2020). Life Cycle Environmental Impacts and Energy Demand of Craft Mezcal in Mexico. Sustainability, 12(19), 8242. https://doi.org/10.3390/su12198242

[3] Dalton, R. (2005). Saving the agave. Nature, 438(7071), 1070-1071. https://doi.org/10.1038/4381070a

[4] Tetreault, D., McCulligh, C., & Lucio, C. (2021). Distilling agro‐extractivism: Agave and tequila production in Mexico. Journal of Agrarian Change, 21(2), 219-241. https://doi.org/10.1111/joac.12402

[5] Petruzzello, M. (2021, June 18). Agave. Encyclopedia Britannica. https://www.britannica.com/plant/Agave

[6] Verma, S. K., & White, J. J. F. (2019). Seed Endophytes : Biology and Biotechnology (1st 2019. ed.). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-030-10504-4

[7] Valenzuela, A. (2011). A new agenda for blue agave landraces: food, energy and tequila. GCB Bioenergy, 3(1), 15-24. https://doi.org/10.1111/j.1757-1707.2010.01082.x

[8] Trejo-Salazar, R.-E., Eguiarte, L. E., Suro-Piñera, D., & Medellin, R. A. (2016). Save Our Bats, Save Our Tequila: Industry and Science Join Forces to Help Bats and Agaves. Natural Areas Journal, 36(4), 523-530, 528. https://doi.org/10.3375/043.036.0417

Abbildungsverzeichnis:

Abbildungen 1-2: Fotos von Leah Spirk

Abbildung 3: „2017 – Mexico – Tequila – Blue Agave Piña“ by Ted’s photos – Returns in December is marked with CC BY-NC-SA 2.0. To view the terms, visit https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/?ref=openverse

Abbildungen 5-8: Fotos von Leah Spirk