Spätfolgen nach Coronavirus-Infektion: Auch ein Thema bei Kindern und Jugendlichen?

Spätfolgen nach Coronavirus-Infektion: Auch ein Thema bei Kindern und Jugendlichen?

Zusammenfassung 

Anhaltende Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen, Kurzatmigkeit sind bei Erwachsenen bekannte Folgeerscheinungen einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) und werden unter dem Begriff Long COVID zusammengefasst. Sind auch Kinder und Jugendliche von Long COVID betroffen? 

Aktuelle Daten der Ciao Corona Studie, die unter der Leitung des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an Schulen im Kanton Zürich durchgeführt wird, zeigen, dass Long COVID auch vor Kindern und Jugendlichen keinen Halt macht. Erfreulicherweise leiden Kinder und Jugendliche nur selten an Spätfolgen einer Coronavirus-Infektion. Für Einzelne können sie jedoch zu einer Belastung werden. Um die Langzeitfolgen von Long COVID auf die Lebensqualität und das alltägliche Leben von Kindern und Jugendlichen besser zu verstehen, sind weitere, gross angelegte Studien nötig. 

Hintergrund und Relevanz

Neben Erwachsenen können auch Kinder und Jugendliche, unabhängig vom Schweregrad einer durchgemachten Infektion mit dem Coronavirus, von Long COVID betroffen sein. So auch Maria*, 14 Jahre. Sie berichtet über andauernde Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, verändertes Geschmacks- und Geruchsempfinden und Konzentrationsprobleme als Folge einer Infektion mit dem Virus. Für Betroffene wie Maria sind diese Spätfolgen im Alltag vielfach belastend und einschneidend. In der Fachliteratur finden sich verschiedenste Begriffe und Definitionen für diese Spätfolgen, wobei die Begriffe «Long COVID» oder «Post COVID-19 Syndrom» mit am häufigsten verwendet werden. Letztlich beschreiben beide Begriffe Symptome, die während oder nach einer Coronavirus-Infektion auftreten, bis zu 12 Wochen und länger anhalten, und nicht durch eine alternative Diagnose erklärbar sind. 

Wie gross die Häufigkeit von Long COVID bei Kindern und Jugendlichen insgesamt ist, lässt sich anhand der aktuellen Datenlage noch nicht eindeutig sagen. Allerdings ist jedes Kind, welches unter langanhaltenden Symptomen als Folge einer Infektion mit dem Coronavirus leiden muss, eines zu viel.

Studieneigenschaften

Im Rahmen der Ciao Corona Studie wurde auch Maria als eine der 2500 Kinder und Jugendlichen aus 55 zufällig ausgewählten Schulen im Kanton Zürich über Long COVID befragt. In dieser Längsschnittstudie wurde den Kindern und Jugendlichen in drei Testphasen im Sommer 2020, Herbst 2020 und Frühling 2021 jeweils Blut entnommen. Dieses dient der Bestimmung von Antikörpern als Hinweis auf eine durchgemachte Infektion mit dem Coronavirus. Zusätzlich füllten die Eltern der Kinder und Jugendlichen einen Fragebogen zu Symptomen, die mit Long COVID assoziiert werden und unter denen sie mindestens 12 Wochen litten, aus. 

Für die Abschätzung der Häufigkeit von Long COVID wurden Kinder und Jugendliche mit einem positiven Antikörpertest, als Nachweis einer zurückliegenden Infektion, mit Kindern und Jugendlichen mit einem negativen Antikörpertest verglichen. Letztgenannte Gruppe diente dabei als Kontrollgruppe. Weitere detaillierte Informationen finden Sie hier

Wichtigste Resultate

  • Long COVID assoziierte Symptome sind bei Kindern und Jugendlichen aus dem Kanton Zürich selten. 
  • Insgesamt können 2% der Spätsymptome Long-COVID zugeordnet werden: Sowohl Kinder und Jugendliche mit Antikörpernachweis (4%), das heisst nach einer durchgemachten Infektion, als auch Kinder und Jugendliche ohne Antikörpernachweis (2%) berichten von mindestens einem Spätsymptom. 
  • Müdigkeit (3%), Konzentrationsprobleme (2%) und erhöhtes Schlafbedürfnis (2%) wurde von Antikörper-positiv getesteten Kindern und Jugendlichen berichtet.
  • Keines der Kinder und Jugendlichen musste aufgrund einer Coronavirus-Infektion oder Spätsymptomen hospitalisiert werden. 

Empfehlungen

  • Kinder und Jugendliche bestmöglich vor einer Coronavirus-Infektion schützen. 
  • Die empfohlenen Hygiene- und Verhaltensregeln des Bundesamtes für Gesundheit im Alltag und in der Schule weiterhin konsequent umsetzen. 

Qualität der Evidenz

Die Auswertung zu Long COVID beruht auf Erhebungen mit einem Fragebogen und nicht auf klinischen Untersuchungen. Somit ist eine Verzerrung einzelner Antworten zu den Symptomen möglich. Darüber hinaus ist die Gruppe von Antikörper-positiv getesteten Kindern und Jugendlichen verhältnismässig klein. Ein Vorteil unserer Längsschnittstudie ist, dass wir auch eine Kontrollgruppe haben – dies wurde bei bisher publizierten Studien zu diesem Thema bemängelt. 

Offen bleibt

Es bedarf weiterer Bevölkerungsstudien zu Long COVID bei Kindern und Jugendlichen, um die Langzeitauswirkungen von Infektionen mit dem Coronavirus auf die Lebensqualität, das alltägliche Leben inklusive Schule und Schulleistungen besser zu verstehen und mögliche therapeutische Ansätze anbieten zu können. 

*Name geändert 

Autor

Titelbild: unsplash.com/ Kelly Sikkema