Kampagne zur Suizidprävention evaluiert

Kampagne zur Suizidprävention evaluiert

Suizidalität ist tabuisiert, Menschen mit Suizidgedanken erhalten darum nicht selten zu spät oder gar keine Hilfe. Entsprechend ist Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiger Baustein der Suizidprävention. «Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich» setzt seit längerem massenmediale Suizidpräventionskampagnen um. Eine Evaluation zeigt, dass diese sehr gut wahrgenommen wird und erwünschte Wirkung zeigt. 

Suizidprävention setzt breit an

Knapp 1000 Menschen starben 2020 in der Schweiz an Suizid. Das sind zwei bis drei Suizide täglich. Seit 2015 setzt der Kanton Zürich unter Beteiligung mehrerer Direktionen ein umfassendes Suizidpräventionsprogramm um. Mit der Leitung des Programms ist Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich (PG ZH), eine Abteilung des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, beauftragt. Das Programm umfasst unterschiedliche Projekte, die bei der Einschränkung der Suizidmethoden, Früherkennung und Frühintervention, Behandlung und Betreuung sowie der Information und Vernetzung ansetzen. Der Aufbau des Programms deckt sich weitgehend mit dem 2021 von der WHO herausgegebenen Leitfaden LiveLife zur Suizidprävention

Über Suizidgedanken sprechen fällt schwer

«Hast du Suizidgedanken?», diese Frage jemandem zu stellen, dem es nicht gut geht, fällt schwer. Zu stark wirkt das Tabu, zu gross ist die Angst, jemandem zu nahe zu treten oder mit der Antwort überfordert zu sein. Oder man hegt die Befürchtung, den Betroffenen mit der Frage erst auf die Idee zu bringen, sich das Leben zu nehmen. Diese Befürchtung konnte widerlegt werden. Das Gegenteil trifft zu: Reden entlastet und macht Hilfe erst möglich. Enttabuisierung ist darum ein wichtiger Baustein der Suizidprävention. 

Kampagnen können zur Enttabuisierung beitragen

Massenmediale Kampagnen tragen ein Thema in den öffentlichen oder virtuellen Raum. Sie haben deshalb grosses Enttabuisierungspotenzial. Seit 2016 setzt PG ZH darum auch massenmediale Suizidpräventionskampagnen um. Dies im Auftrag der Gesundheitsdirektion und begleitend zum Kantonalen Suizidpräventionsprogramm. 

Onlineplattform für Erwachsene

So wurde eine umfassende Website für Menschen in Krisen, ihr besorgtes Umfeld und für Hinterbliebene nach Suizid erstellt. Seit einigen Jahren betreibt PG ZH diese Website zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit. Unter reden-kann-retten.ch sind darum Informationen in drei Sprachen zu finden. Diese Website wird zudem online aktiv beworben, mit Anzeigen in der Google-Suchmaschine, in den sozialen Medien und auf Websites. 

Breite Kampagne für junge Menschen

Website für junge Menschen mit Suizidgedanken und besorgten Freund:innen

Mit einer zweiten Kampagne adressiert PG ZH junge Menschen zwischen 16 bis 30 Jahren. Dabei sind nicht primär suizidale Menschen im Zentrum, sondern ihre Peers. Sie sollen ermuntert werden, vermutete Suizidgedanken anzusprechen und Hilfe beizuziehen. Als mögliches Hilfsangebot wird 147 von Pro Juventute bekannt gemacht. Alle Anzeigen weisen darum auf die Website von 147 hin. Dort sind auch kurze Videoclips von jungen Menschen zu finden, die Freund:innen mit Suizidgedanken helfen konnten.

Papagenoeffekt nutzen

Mehrfach konnte nachgewiesen werden, dass Öffentlichkeitsarbeit, die aufzeigt, dass und wie suizidale Krisen überwunden werden können, zu einem Rückgang von Suizidalität führen kann. Man spricht in der Medienwissenschaft vom umgekehrten Werthereffekt oder vom Papagenoeffekt. Diesen Effekt versucht die Kampagne zu nutzen, indem sie die wahren Geschichten von jungen Menschen, die Freund:innen halfen Krisen zu bewältigen, ins Zentrum stellt. 

Evaluation spricht für Fortsetzung

Die Kampagne wurde im Auftrag von PG ZH vom Institut für angewandte Kommunikationsforschung, iaKom, evaluiert. In einer Online-Befragung wurden 608 Personen im Alter von 16 bis 30 interviewt. Seit Kurzem liegt der Bericht vor. Die Kampagne wurde von 87 Prozent der Zielgruppe wahrgenommen, was ein sehr hoher Wert ist. Während der Kampagnenlaufzeit wurden auf www.147.ch die Infoseiten zum Thema Suizidalität 44 Prozent häufiger aufgerufen. Und es haben während der Laufzeit der Kampagne 50 Prozent mehr junge Menschen mit Fragen zum Thema Suizid das Beratungsangebot 147 (Telefon, Chat, SMS, E-Mail) genutzt. Die Evaluation kommt zum Schluss, «…dass diese Kampagne eine sehr grosse Reichweite hatte, gut verstanden sowie positiv aufgenommen wurde und erwünschte Wirkungen gezeigt hat». Der Evaluationsbericht ist zu finden unter gesundheitsfoerderung-zh.ch/evaluation22

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Bilder: z.V.g. von Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich.