Weltnierentag: «Nierengesundheit für alle» 

Weltnierentag: «Nierengesundheit für alle» 

Heute ist Weltnierentag. Motto des diesjährigen Weltnierentags ist «Nierengesundheit für alle – Förderung eines gerechten Zugangs zur Versorgung und optimale Medikation». Der Weltnierentag wurde erstmals 2006 von der internationalen Gesellschaft für Nephrologie und der Internationalen Gemeinschaft für Nierenstiftungen ins Leben gerufen. Im Interview mit ges.UND? berichtet Valerie Luyckx einerseits über die Bedeutung der Niere und deren Funktionen und andererseits über Symptome und Auswirkungen von Nierenerkrankungen sowie vorbeugende Massnahmen. 

Das Motto des diesjährigen Weltnierentags lautet «Nierengesundheit für alle – Förderung eines gerechten Zugangs zur Versorgung und optimale Medikation». Wie kam es zu diesem Motto und wie sieht der Zugang zur Versorgung und eine optimale Medikation in der Schweiz aus? 

Die Nieren und ihre Erkrankungen sind immer besser erforscht, so dass es mittlerweile in den meisten Fällen möglich ist, chronische Nierenerkrankungen gut zu behandeln. Dies bedeutet, dass eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung ein Nierenversagen hinauszögern oder verhindern können. Dadurch werden die kardiovaskulären Komplikationen sowie Todesfälle reduziert. Trotz dieser vielversprechenden neuen Möglichkeiten zeigen neuste Daten, dass nur einer von fünf Menschen mit chronischem Nierenversagen auch tatsächlich weiss, dass er an dieser Krankheit leidet. Und selbst diejenigen Patientinnen und Patienten, bei denen die Krankheit diagnostiziert wurde, erhalten nur selten die optimale Therapie. Der diesjährige Weltnierentag soll das Bewusstsein für die grossen Lücken in der Frühdiagnose sowie den Zugang zu einer angemessenen Behandlung verbessern.  

In der Schweiz ist es nicht üblich seine Nieren regelmässig untersuchen zu lassen. So suchen Patientinnen und Patienten ihre Hausärztinnen oder Hausärzte meist erst dann auf, wenn sie spezifische Beschwerden haben. Im Falle der Nieren deutet das oftmals schon auf ein fortgeschrittenes Krankheitsbild hin. 

Die notwendigen Medikamente zur Behandlung von Nierenerkrankungen sind in der Schweiz verfügbar. Allerdings müssen diese manchmal erst von den Krankenkassen bewilligt werden, was zu einer verzögerten Behandlung – insbesondere bei Kindern – führen kann.

Welche Aufgaben und Funktionen hat die Niere?

Die Nieren sind die ‘Filteranlage unseres Körpers’ – und dabei wahre Multitalente.

Sie…

  • filtern unser Blut täglich bis zu 30-mal – das entspricht um die 180 Liter Blut, die jeden Tag gefiltert werden,
  • helfen bei der Ausscheidung von Giftstoffen über den Urin,
  • regulieren den Blutdruck, den Säure-Basen-Haushalt, sowie den Wasser- und Salzhaushalt im Körper,
  • aktivieren lebenswichtige Hormone wie Vitamin D
  • und regulieren den Blutzuckerspiegel und den Gehalt gelöster Elektrolyte wie zum Beispiel von Natrium und Kalium im Blut.

Bei einer Nierenerkrankung können die Nieren ihre lebenswichtigen Funktionen über einen längeren Zeitraum nicht mehr ausreichend erfüllen. Abfall- und Giftstoffe aus dem Stoffwechsel sammeln sich im Blut an und stören so auch die Funktion anderer Organe.

Was sind die jeweiligen typischen Anzeichen für eine Nierenerkrankung? 

Das Besondere an Nierenerkrankungen ist, dass man lange Zeit keine Symptome spürt. Deshalb werden Nierenerkrankungen oft als «stumm», «leise» oder «heimlich» bezeichnet. Symptome treten oft erst dann auf, wenn bereits mehr als 70 Prozent der Nierenfunktion verloren gegangen sind. Dann sind die Schäden meist irreparabel. Zu den Symptomen gehören unter anderem vermehrter Harndrang, Wassereinlagerungen, Hautjucken, Blutarmut, Bluthochdruck, Herzschwäche, Knochenbrüchigkeit und Konzentrationsschwäche. Im Extremfall muss die Nierenfunktion durch Dialyse oder Transplantation ersetzt werden. Bluthochdruck und Diabetes gelten als Hauptursachen für Nierenerkrankungen.

Wie viele Menschen leben weltweit und in der Schweiz mit einer Nierenerkrankung? 

Weltweit leben schätzungsweise 850 Millionen Menschen mit einer Nierenfunktionsstörung, was 2019 zu rund 3,1 Millionen Todesfällen führte. Somit stellen Nierenfunktionsstörungen den siebthäufigsten Risikofaktor für frühzeitigen Tod weltweit dar.  Dies ist insbesondere auf Todesfälle infolge von Herzerkrankungen zurückzuführen. In der Schweiz gibt es kein offizielles Screeningprogramm für Nierenerkrankungen. Allerdings zeigen Studien, dass etwa jede zehnte Person davon betroffen ist. Nierenerkrankungen sind bei Menschen mit afrikanischer Herkunft und in sozial-benachteiligten Bevölkerungsgruppen häufiger. 

Welches sind die Hauptursachen für Nierenerkrankungen? 

Diabetes, Bluthochdruck und ein erhöhtes Körpergewicht sind die Hauptrisikofaktoren für Nierenerkrankungen bei Erwachsenen. Menschen mit Herzerkrankungen und Krebs sowie Frauen, die eine Präeklampsie – Bluthochdruck zusammen mit einer vermehrten Eiweissauscheidung im Urin nach der 20. Schwangerschaftswoche – hatten, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko zu erkranken. Weitere Ursachen sind die Nebenwirkungen von Medikamenten, Infektionen und die Umweltverschmutzung. Auch Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht oder Frühgeburten haben im Laufe ihres Lebens ein erhöhtes Risiko für eine Nierenerkrankung. 

Viele Patienten mit Diabetes, Bluthochdruck oder Übergewicht werden nicht optimal behandelt. Diese Risikofaktoren adäquat zu behandeln, würde massgeblich dazu beitragen, das Risiko von Nierenerkrankungen zu verringern. 

Wie sehen Ihre Tipps aus, um Nierenerkrankungen vorzubeugen? 

Klinikerinnen und Kliniker sowie Hausärztinnen und Hausärzte müssen für Nierenerkrankungen sensibilisiert werden und Menschen frühzeitig untersuchen und behandeln. Aber auch Patientinnen und Patienten sollten besser über die Niere Bescheid wissen, um so selbst informierte Entscheidungen für ihre Nierengesundheit treffen zu können. 

So können Patientinnen und Patienten durch die sog. ‘8 goldenen Regeln‘ selbst ihre Nierengesundheit positiv beeinflussen:

  • sich bewegen und aktiv bleiben,
  • gesunde Ernährung und Gewicht unter Kontrolle halten, 
  • Blutdruck messen, 
  • regelmässig Blutzucker kontrollieren, 
  • auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten, insbesondere bei heißem Wetter,
  • nicht Rauchen, 
  • Substanzen und Medikamente meiden, die die Nieren schädigen können sowie
  • die Nierenfunktion regelmässig überprüfen lassen.

Wichtig zu wissen ist, dass die Einhaltung dieser Regeln nicht nur die Nieren gesund hält, sondern auch Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht vorbeugt. Dies schützt wiederum das Herz und verringert auch das Risiko eines Schlaganfalls. Alle können von diesen Regeln profitieren!

Interviewpartnerin:

Weiterführende Literatur und Veranstaltungshinweis:

Leitartikel zum Weltnierentag von Valerie Luyckx

Quelle des Titelbildes: zVg Zurich Kidney Center