Einsamkeit im Alter 

Einsamkeit im Alter 

Menschen über 65 Jahren haben ein besonders hohes Risiko, einsam und sozial isoliert zu werden. Das kann negative Folgen für die Gesundheit haben. Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich widmet deshalb ihr Forum dem Thema «Einsamkeit im Alter». Was Einsamkeit bedeutet und welche Wege daraus führen können, beantwortet Manuela Kobelt, Leiterin Programm «Prävention und Gesundheitsförderung im Alter».  

Was versteht man unter Einsamkeit?

Einsamkeit ist das subjektive Gefühl, dass die vorhandenen sozialen Beziehungen und Kontakte nicht die gewünschte Quantität und Qualität haben. Einsamkeit darf nicht mit alleine sein verwechselt werden. Denn das Gefühl des Alleinseins ist nicht zwangsläufig mit einem Leiden verbunden, sondern kann auch als wohltuend und schön empfunden werden. Einsame Menschen hingegen leiden unter sozialer Isolation. Ihnen fehlt der gesellschaftliche Anschluss – die soziale Teilhabe. Das macht es schwer, aus der Einsamkeit herauszufinden. 

Wie wirkt sich Einsamkeit auf die Gesundheit aus? 

Einsamkeit schränkt nicht nur die Lebensqualität ein, sondern kann auch krank machen. Die traurige Bilanz ist, dass einsamkeitsbetroffene Menschen eine geringere Lebenserwartung haben. Diverse Studien haben den eindeutigen Beweis erbracht, dass fehlende soziale Beziehungen mit einem deutlich erhöhten Risiko für vorzeitige Mortalität verbunden sind*. Einsamkeit erhöht das Risiko für die meisten nichtübertragbaren Erkrankungen, unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenzerkrankungen wie auch für Depressionen. Einsamkeit hat eine vergleichbar gesundheitsschädliche Wirkung wie Übergewicht und Rauchen. Sich einsam zu fühlen, ist eine grosse Belastung und geht mit verminderten Ressourcen und einem ungesünderen Lebensstil einher. 

Im Flyer zum Züricher Forum P&G heisst es «Soziale Teilhabe und Beziehungspflege stärken die Gesundheit». Wie hängt das zusammen? 

Gesundheit basiert auf der Wechselwirkung der persönlichen Ressourcen und den Ressourcen des Umfelds. Persönliche Ressourcen sind zum Beispiel die Gehfähigkeit, die Denkfähigkeit oder die Sozialkompetenz. Zu den Umfeld-Ressourcen zählen ein altersgerechter Lebensraum, das gesellschaftliche Bild des Alters oder die Unterstützung durch nahestehende Personen. Das soziale Umfeld kann eine wichtige Ressource für ältere Menschen sein. So kann das soziale Umfeld zum Beispiel bei Alltagsaufgaben helfen, eine emotionale Stütze bieten oder zu gesundheitsförderlichem Verhalten motivieren. Dies führt dazu, dass sich die Menschen günstiger ernähren, sich mehr bewegen oder die Selbstfürsorge leichter umsetzen. 

An wen können sich ältere einsame Menschen – insbesondere im Kanton Zürich – wenden? 

Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich hat zahlreiche Angebote für ältere Menschen, die gegen Einsamkeit wirken können, auf der Website www.gesund-zh.ch zusammengestellt. Die Angebote ermöglichen es, Neues zu lernen, Kontakt zu knüpfen sowie Hilfe anzunehmen oder anzubieten. Organisationen wie Pro Senectute Kanton Zürich, das Schweizerische Rote Kreuz Kanton ZürichPro Mente SanaAlzheimer Zürich oder die Landeskirchen bieten etliche Angebote, die der Einsamkeit entgegenwirken können ­von Informationen über Besuchs- und Begleitdienste bis zu gemeinschaftlichen Aktivitäten. 

Kannst du ein paar Angeboten nennen, die konkret gegen Einsamkeit helfen?

ZÄMEGOLAUFE ist ein kostenloses Angebot, das der Einsamkeit im Alter entgegenwirkt. Menschen ab 60 Jahren treffen sich dabei zum gemeinsamen Spazierengehen in der Nähe ihres Wohnortes. Auch bei Café Balance wird Bewegung und Austausch verbunden. In diesem Kurs gehen die Teilnehmenden nach den Rhythmikübungen gemeinsam etwas trinken und können so neue Kontakte knüpfen oder Freundschaften pflegen. Beide Angebote finden sich aber nur in einer Auswahl von Zürcher Gemeinden. Einen ersten Schritt aus der Einsamkeit bietet auch das flächendeckende Gesprächsangebot malreden. Ältere Menschen können sich täglich unter der Telefonnummer 0800 890 890 kostenlos mit einem einfühlsamen Gegenüber über ihren Alltag, Sorgen und Freuden unterhalten. Auf der Beratungsstelle LiA – Leben im Alter finden Einsamkeitsbetroffene ebenfalls Unterstützung. Des Weiteren gibt es Selbsthilfegruppen, digital oder vor Ort, zum Thema Einsamkeit. 

Welche Rolle spielt das Umfeld älterer Menschen? 

Familie, Freundinnen, Freunde und Personen aus der Nachbarschaft können dazu beitragen, dass ältere Menschen regelmässig Kontakte pflegen, sich austauschen und gemeinsam etwas unternehmen können. Das soziale Umfeld kann bei Bedarf auch Unterstützung bieten. Damit ältere Menschen ein aktives Leben führen können, muss aber auch die Wohnumgebung altersgerecht gestaltet sein. Dazu zählen zum Beispiel sichere und barrierefreie Wege, Handläufe und Bänke im Schatten. Auch Freizeitangebote sollten möglichst in der Nähe liegen und gut erreichbar sein. Diese Ressourcen im Umfeld älterer Personen können die abnehmenden persönlichen Ressourcen, wie beispielsweise die zunehmenden Einschränkungen der Mobilität, kompensieren und somit die Gesundheit älterer Menschen stärken. 

Was hat dich am meisten bei deiner Arbeit zum Thema «Einsamkeit im Alter» erstaunt? 

Dass bei der Altersgruppe 65+ der Anteil an einsamen Personen tiefer ist als bei jungen Menschen. Laut Ergebnisse der «Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022» des Bundesamts für Statistik (BFS) nimmt der Anteil an Menschen, die sich manchmal oder oft einsam fühlen, mit zunehmendem Alter ab. 

Alter assoziiert man ja häufig mit Einsamkeit. 

Genau. Aber das Altern selbst führt nicht automatisch zu Einsamkeit und sozialer Isolation. Bei älteren Menschen gibt es aber mehr Risikofaktoren, die Einsamkeit und soziale Isolation verursachen oder verschlimmern können. So zum Beispiel der Tod eines nahestehenden Menschen, die Verschlechterung des Gesundheitszustands, chronische Krankheiten oder die Einschränkung der Sinne.  

Und worauf freust du dich am meisten beim Zürcher Forum P&G «Einsamkeit im Alter»?

Ganz besonders freue ich mich auf das vielseitige Programm. Nebst dem spannenden Input-Referat von Eckart Hammer zum Thema «Männer altern anders» bietet sich in den Workshops die Gelegenheit, sich vertieft mit Fragestellungen rund um Einsamkeit auseinanderzusetzen und gemeinsam mit allen Teilnehmenden Ideen zu erarbeiten, die der Einsamkeit entgegenwirken. Das wird ein inspirierender Abend!

Interviewpartnerin:

*National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (2020). Social Isolation and Loneliness in Older Adults: Opportunities for the Health Care System. Washington, DC: The National Academies Press

Bildquelle: Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich