Zusammen älter werden

Zusammen älter werden

Bis ans Lebensende sozial eingebettet zu sein, wünschen sich viele. Das Projekt «Lokal vernetzt älter werden» fördert dies und stärkt soziale Netzwerke in Gemeinden.

Es ist ein besonderer Tag: Rund 130 Menschen aus Rüschlikon treffen sich für die Abschlussveranstaltung des Projekts «Lokal vernetzt älter werden». Der Saal ist voll und alle warten gebannt auf die Ergebnisse. Während eines Jahres haben sich Seniorinnen aus der Bevölkerung in Arbeitsgruppen selbstständig organisiert und verschiedene Ideen umgesetzt. Dies mit dem Ziel, soziale Netzwerke in Rüschlikon für Menschen ab 65 Jahren zu stärken. Heute stellen sie ihre Resultate vor und zeigen, was sie in diesem Jahr erreicht haben. Für die Arbeitsgruppe «Kommunikation» präsentiert Béatrice Schwob das Konzept eines monatlichen Infoblatts. «Alle Generationen, nicht nur Ü65, sollen erfahren, was wann und wo in der Gemeinde läuft», umreisst sie die Grundidee. Gemeinsam hat die Arbeitsgruppe zuerst eine Umfrage bei anderen Gemeinden gemacht, sondiert und danach das Konzept erarbeitet. Auch ein Layoutvorschlag kann sie bereits präsentieren: «Rüeschliker Roseblatt» soll die Gemeindezeitung heissen. «Unser Konzept hat es bis in den Gemeinderat geschafft. Ich fühle mich ernstgenommen und gehört», sagt Schwob.

Eine andere Arbeitsgruppe hat sich dem Thema Begegnung gewidmet. Helena Imhof ist Mitglied der Gruppe und erzählt, dass an verschiedenen Standorten in der Gemeinde Plauderbänkli installiert wurden. Es sollen Orte sein, um gemeinsam zu schwatzen und sich niederschwellig zu unterhalten. «Die Bänkli sind markiert und symbolisieren Bereitschaft, in Kontakt zu kommen.» Zusätzlich haben sie in der Gruppe festgestellt, dass am Sonntagnachmittag «wenig los ist in Rüschlikon». Es entstand die Idee, einen Treffpunkt zu schaffen, an dem sich die Menschen austauschen und begegnen können. Die Suche nach einem passenden Raum ist in vollem Gange. Gerade werden erste Gespräche mit der Stiftung Abegg geführt.

Imhof ist zufrieden mit dem, was ihre Gruppe erreicht hat. Ihr Ziel war aber nicht nur, Projekte anzureissen, sie hatte auch noch einen anderen Wunsch: «Ich wohne seit 15 Jahren hier. Aber während des Arbeitslebens hatte ich keine Zeit, soziale Kontakte zu knüpfen, das wollte ich nach der Pensionierung ändern. Nach diesem Jahr ‹Lokal vernetzt älter werden› kann ich sagen: Jetzt fühle ich mich in der Gemeinde integriert.» Auch wenn heute der Abschluss des Projekts ist, fängt es für sie erst richtig an. Als nächstes will sie Menschen erreichen, die sich einsam fühlen und es nicht an diesen Anlass geschafft haben: «Jeder kann etwas beitragen und in seinem Umfeld schauen: Für wen kann ich mal einen Liter Milch einkaufen? Oder wer kann morgens bei der betagten Nachbarin vorbeischauen und hallo sagen?» Im Gespräch kommt eine andere Teilnehmerin auf Imhof zu: «Sie haben das super gemacht, schön wie Sie sich engagieren.»

Wie alles anfing

Das Projekt «Lokal vernetzt älter werden» hat Cornelia Schild, Leiterin der gemeindeinternen Fachstelle 60plus, nach Rüschlikon geholt. «Mit dem Projekt wollte ich herausfinden, was Menschen ab 65 in unserer Gemeinde bewegt und wo der Schuh drückt. Wie gut kennen wir ihre Bedürfnisse? Was können wir verbessern?» Um dies zu beantworten, organisierte die Gemeinde im Sommer 2022 eine Zukunftswerkstatt. 85 Senior/innen nahmen am Austausch teil und nahmen die Gelegenheit gerne wahr, um zu kommunizieren, was ihnen an Rüschlikon gefällt und was ihnen noch fehlt. Sie konnten damals ihre Wünsche und Visionen aufschreiben. Es kristallisierten sich die Schwerpunkte Mobilität, Kommunikation und Begegnung heraus. Zu diesen bildete sich je eine Arbeitsgruppe, die sich selbst organisierte und Massnahmen plante. Nach einem halben Jahr trafen sich alle Gruppen, um die Zwischenresultate vorzustellen. Sie tauschten sich untereinander aus und legten konkrete Ziele fest. Heute stellen sie stolz vor, was sie erreicht haben. Auch Schild ist beeindruckt davon: «Mich hat die Qualität beim Ausarbeiten der Projekte positiv überrascht. Menschen über 65 Jahre bringen so viele Ressourcen mit. Sie haben diese Fähigkeiten erfolgreich gebündelt und jede Person konnte etwas beitragen. Es wurde richtig viel gute Arbeit geleistet.» Das Projekt wurde vom Gemeinderat, der Verwaltung, von lokalen Anbietern und der regionalen Suchtpräventionsstelle unterstützt und begleitet. Die Projektleitung konnte von den Erfahrungen der Fachpersonen und den anderen Gemeinden profitieren und sich bei Herausforderungen austauschen. Das Projekt hatte einen weiteren Nebeneffekt: «Die Menschen sind viel sensibilisierter für das Thema Einsamkeit geworden. Es ist kein Stigma mehr und es wird darüber gesprochen», berichtet Schild.

Dieser Event ist nun der krönende Abschluss. Schild ist berührt von der heutigen Stimmung: «Toll wie die Menschen das Zusammensein zelebrieren und füreinander Verständnis haben. Viele Bewohnende von Rüschlikon haben sich bei uns bedankt, sie konnten ihre Bedürfnisse äussern, sich einbringen und eigenständig an Projekten arbeiten. Das ist Selbstwirksamkeit, Empowerment. Die Menschen kreieren selbst ihr eigenes Älterwerden in Rüschlikon.»

Lokal vernetzt älter werden
Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich (PG ZH) unterstützt Gemeinden und Quartiere dabei, partizipativ soziale Netzwerke für ein selbstständiges Leben im Alter zu entwickeln oder zu erweitern. Sie finanzieren eine Fachperson, die die Gemeinde über den gesamten Prozess begleitet. Die Konzeption und fachliche Gesamtleitung liegt bei PG ZH und bei der Schweizerischen Gesundheitsstiftung Radix.
gesundheitsfoerderung-zh.ch/lokalvernetzt
Ansprechperson:
Manuela Kobelt, Leitung Prävention und Gesundheitsförderung im Alter,
manuela.kobelt@uzh.ch, 044 634 47 84

Dieser Artikel ist im Magazin P&G von Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich erschienen. Das Magazin P&G können Sie kostenlos abonnieren, als Print- oder Digitalabo. Es erscheint zweimal jährlich und enthält Artikel von Präventionsfachpersonen zu aktuellen Themen, stellt beispielhafte Projekte vor und informiert über die Aktivitäten von Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich.

Autorin:

Bildquelle: Foto: Franca Item

Grafik: zVg von Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich.