Weltkrebstag «Versorgungslücken schliessen»

Weltkrebstag «Versorgungslücken schliessen»


Heute ist Weltkrebstag. Wie bereits die letzten zwei Jahre widmet sich der diesjährige Weltkrebstag dem Thema «Versorgungslücken schliessen».
Diese bestehen sowohl bei der Krebsprävention und -früherkennung, der Diagnose, Behandlung sowie der Nachsorge. Im Interview mit ges.UND? beantwortet Sabine Rohrmann – Leiterin des Krebsregisters der Kantone Zürich, Zug, Schaffhausen und Schwyz – Fragen zum Krebsregister, Versorgungslücken in der Schweiz und den geplanten Massnahmen, um diese zu schliessen.

Du bist Leiterin des Krebsregisters. Seit wann besteht das Register mit welchem Ziel?

Krebsregister gibt es seit 1970 auf kantonaler Ebene in der Schweiz. Das Register in Zürich wurde 1980 gegründet. 2011 kamen der Kanton Zug und 2020 die Kantone Schaffhausen und Schwyz zu unserem Register dazu. Damit werden jetzt in allen Kantonen Daten zu Krebserkrankungen systematisch registriert.

Auf welcher Grundlage wird das Krebsregister geführt und was wird genau erhoben?

Seit dem 1.1.2020 ist das eidgenössische Krebsregistrierungsgesetz und die zugehörige Verordnung in Kraft getreten. Damit ist für alle Register geregelt, was genau alles erhoben werden muss. Dazu gehören natürlich Informationen zur Krebsart, die bei einer Patientin oder einem Patienten diagnostiziert wurde, und das Stadium, in dem der Krebs entdeckt wurde. Aber auch wie der Krebs entdeckt wurde und wie er behandelt wird. Dazu kommen Informationen zur Patientin oder dem Patienten, z.B. die AHV-Nummer, damit wir Informationen aus verschiedenen Quellen, wie dem Spital, dem Pathologieinstitut und der Hausärztin oder dem Hausarzt miteinander in Verbindung bringen können.

Welche Versorgungslücken sieht du im Krebsregister am häufigsten? Und gibt es kantonale Unterschiede?

Hier gibt es ganz verschiedene Aspekte. Was wir beispielsweise sehen, sind Unterschiede in der Häufigkeit von Krebserkrankungen. Dies beruht unter anderem darauf, dass es beispielsweise in einigen Kantonen ein organisiertes Brustkrebsscreening gibt, während dies im Kanton Zürich nicht der Fall ist. Ausserdem haben wir im Kanton Zürich gesehen, dass Männer mit einem Prostatakrebs im Frühstadium im Unispital eher gemäss den Behandlungsempfehlungen behandelt werden, als in anderen Spitälern im Kanton. Für Lungenkrebs konnten wir zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die am USZ behandelt wurden, länger überlebten als jene, die in anderen Spitälern behandelt wurden.

Welche Massnahmen werden konkret ergriffen, um Versorgungslücken zu schliessen?

Eine schon etwas ältere Untersuchung hat gezeigt, dass es verschiedene Faktoren gibt, warum Patientinnen und Patienten in den jeweiligen Spitälern unterschiedlich behandelt werden: So spielt es eine Rolle, ob die Patientinnen oder Patienten in einem ländlichen oder einem städtischen Spital behandelt werden. Auch war eine Behandlung gemäss aktueller Empfehlungen wahrscheinlicher, wenn beispielsweise Brustkrebspatientinnen von Ärztinnen und Ärzten mit grosser Erfahrung und Mitarbeit in klinischen Studien behandelt wurden. Eine Spezialisierung, eine kontinuierliche Fortbildung und Interesse an neuen Forschungsergebnissen scheinen hier eine Rolle zu spielen.

Nehmen die Krebsfälle bei unter 50-jährigen Menschen tatsächlich zu, wie aktuell in vielen Medien berichtet wird?  

Tatsächlich sehen wir das auch in unseren Daten, vor allem bei Dickdarmkrebs, aber auch bei Hautkrebs. Über die Gründe wird derzeit diskutiert. Wir wissen, dass Übergewicht, weniger körperliche Aktivität oder auch eine fettreiche, ballaststoffarme Ernährung einen Einfluss auf das Risiko für Dickdarmkrebs hat. Da wir inzwischen immer mehr Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und wenig körperlicher Aktivität sehen, liegt die Vermutung nahe, dass sich diese Faktoren schon in einem frühen Alter auf die Entwicklung von Krebs im Dickdarm auswirkt. Leider können wir diese Frage aber nicht allein mit Krebsregisterdaten beantworten, da wir keine Informationen zum Lebensstil im Register aufnehmen.

Und wie wirkt sich der eigene Lebensstil auf das Krebsrisiko aus? Welche Faktoren sind besonders relevant?

In einer Auswertung mit Schweizer Daten haben wir gesehen, dass ein Viertel aller Krebsfälle in der Schweiz durch den Lebensstil verursacht werden: Das sind knapp 7000 Fälle bei Männern und 4500 bei Frauen. An erster Stelle steht dabei natürlich das Rauchen. Aber auch Adipositas, mangelnde Bewegung und eine unausgewogene Ernährung spielen hier eine wichtige Rolle.

Interviewpartnerin:

Bildquelle: National Cancer Institute auf Unsplash